Buch «Das letzte Kind im Wald»

Buch «Das letzte Kind im Wald»

Geben wir unseren Kindern die Natur zurück!

Die heutige Jugend. Ständig sitzt sie vor dem Fernseher oder vor der Spielkonsole, unterwegs starrt sie auf einen etwas kleineren Monitor in ihrer Hand. Das kann doch nicht gut für sie sein...? Mal lesen, was der bekannte Umweltaktivist Richard Louv hierzu zu sagen hat!

 

Autor  Richard Louv
Verlag  Herder Verlag
Umfang  359 Seiten
ISBN  978-3-451-06521-7
Preis  Fr. 19.50 (UVP)

 

Erst einmal: Nein, auch Richard Louv denkt nicht, dass die fortdauernde, eindimensionale Verengung der sensorischen Eindrücke auf die Augen, also das Starren auf Bildschirme, und die gleichzeitige Reizüberflutung, die unsere Konsumwelt für unsere Kinder bereithält, für deren gesunde Entwicklung besonders förderlich ist. Doch wenn er das konstatiert und in seinem Buch auch glaubwürdig begründet, reiht er sich nicht in die jahrtausendealte Ahnenreihe jener Misanthropen ein, die in der kommenden Generation den Untergang des Abendlandes nahen sehen. Er gibt sich keinen Verallgemeinerungen hin und sucht auch nicht nach oberflächlichen Sündenböcken. Stattdessen hält er uns eine Alternative bereit und zeigt sich bezüglich der Schwierigkeiten ihrer Umsetzung respektvoll gegen Erziehende und gegen die Kinder, um die es ihm geht. Seine Grundthese ist so intuitiv einleuchtend wie schwierig zu belegen: Dass unser Hirn und Sinnesapparat, evolutionär herausgebildet in unentrinnbarer Einbindung in eine natürliche, lebendige Umwelt, diese lebendige Umwelt für eine gedeihliche Entwicklung auch weiterhin braucht. Das Kind im Wald, selbstvergessen spielend, auf Bäume kletternd, den Pfützenmatsch zwischen den Zehen geniessend. Möglicherweise auch Fliegen die Beine ausreissend. Neurologie, Psychologie und pädagogische Studien unterstützen ihn, wenn er uns glaubhaft macht, dass dieses Setting so manchem Kind das Ritalin ersparen könnte. Er dringt tief ein in seinen Stoff und fördert manche überraschende Erkenntnis zu Tage, während er sich gleichzeitig hütet, Idealbilder zu glorifizieren oder einem romantisierenden Naturbild anheimzufallen. Er will den Kindern die "echte" Natur zurückgeben. Das bedeutet ihm mehr als nur ein Wanderausflug oder die Anmeldung der Sprösslinge in einem Fussballclub. Worauf er hinaus will, ist das unstrukturierte Spielen, das Spielen im eigenen Raum und in der eigenen Zeit. Dieses schafft, im Austausch mit der äusseren Welt, auch innere Orte, die sich im ganzen Leben als Rückzugsorte anbieten, wenn Selbstbild oder Gesundheit erschüttert sind. Essentiell ist diesbezüglich das Erleben der Natur mit allen Sinnen. Dies, so führt er uns vor, ist in den Schulen, den Quartierplanungen und in so manchem Familienleben zu lange vergessen gegangen.

Jetzt ist Richard Louv Amerikaner und berichtet aus amerikanischen Verhältnissen. Manche seiner Bestandsaufnahmen dürfen in ihrer Anwendung auf Westeuropa etwas abgeschwächt werden. Um diesem Umstand gerecht zu werden, hat sich der Verlag die Mühe gemacht, ergänzende Kommentare und Betrachtungen aus dem deutschsprachigen Umfeld in den Text einzuarbeiten. Nutzen und Gewicht der Ausführungen des Autors werden davon aber tatsächlich nur ergänzt, nicht angekränkelt. Er - selbst Vater - weiss, wie einfach es ist, Kindern die Naturerlebnisse zu verschreiben, und wie schwierig, diese in unser modernes Leben mit seinen Ablenkungen, Zwängen und Versuchungen tatsächlich einzubinden. Deshalb hält er über das ganze Buch konstruktive Denkanstösse und Ideen für Eltern, Pädagogen und Umweltaktivisten aller Art bereit. Nicht all diese Anregungen beschränken sich auf die persönliche oder familiäre Ebene. Es zeigt sich, dass auch auf politischer oder stadtplanerischer Ebene noch viele Möglichkeiten bestehen, die Natur nicht nur für die Kinder, sondern für uns alle näher an den Alltag zu holen und zugänglich zu machen. Richard Louv beweist uns, dass eine kulturkritische Haltung und die Sorge um zukünftige Generationen in eine begeisternde und inspirierende Lektüre verwandelt werden können, wenn nur eine Naturliebe, ein Respekt vor dem Leser und ein Einfallsreichtum wie die seinen dahinterstehen. Ihm ist hier ein Buch gelungen, das sich seiner festen Position in den öffentlichen und privaten Mediatheken auf Jahre hinaus sicher sein kann.

Rezension: Sacha Rufer

 

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