Autor | Hanspeter Guggenbühl |
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Verlag | Rüegger Verlag |
Umfang | 142 Seiten |
ISBN | 978-3-7253-0992-4 |
Preis | Fr. 25.— (UVP) |
Diese Entspanntheit und Besonnenheit sind es, die seine Publikation zur Schweizer Energiewende auszeichnen. Der Energie- und Umweltjournalist Hanspeter Guggenbühl kann sich nicht nur auf langjährige Vertrautheit mit unserer Energiepolitik und auf seine entschlossen gepflegte Unabhängigkeit von Energie-, Wirtschafts- und Umweltlobbys berufen, um Herrn und Frau Schweizer für die energiepolitischen Entscheidungen der nahen Zukunft fit zu machen. Er bringt zudem eine beneidenswerte Begabung zur Kürze und eine freundliche Ironie mit, die auch längere Aufenthalte in diesem von Statistiken und Prognosemodellen geprägten Umfeld mühelos möglich machen. Sein Buch ist – bei immenser Informationsfülle – kompakt, übersichtlich und verständlich gehalten. Es führt uns kurz ein in die Entwicklungen seit den siebziger Jahren und wagt einen Ausblick in mögliche Zukunftsszenarien, bevor es sich einer breiten Palette von Fragen zuwendet, die die realpolitische Gegenwart bezüglich der vom Bundesrat beschlossenen Energiestrategie 2050 prägen. Was will sie überhaupt, diese Energiestrategie? Was kann sie? Was können die Erneuerbaren Energien? Und was soll das kosten? Hanspeter Guggenbühl macht die sachlich komplexen und von der Politik nicht unbedingt vereinfachten Fakten und Zusammenhänge anhand von kurzen Sätzen, attraktiven Grafiken und erläuternden Beispielen durchsichtig. Er rechnet die unterschiedlichen Masseinheiten für Energie auf eine einzige um und schiebt regelmässig das Bild des „Energiesklaven" ein, das dem Vorstellungsvermögen noch deutlicher entgegenkommt. Er untersucht Argumente und Absichten aller wesentlichen Akteure und forscht nach den Stärken und Schwächen der Energiestrategie 2050. All dies tut er aus glaubwürdig unabhängiger Warte, aber keineswegs als rein neutraler Beobachter. Immer ist deutlich, dass er neben der Aufarbeitung der Faktenlage mit dem Buch auch für eigene Vorschläge und Ideen wirbt. So hebt er den Widerstreit zwischen Energieeffizienz- und Suffizienz-Befürwortern kurzerhand auf, indem er sowohl das eine wie das andere für eine nachhaltige Energiezukunft für notwendig erklärt. Er weiss dann überzeugend zu bestimmen und zu empfehlen, wo eine Optimierung und wo eine Mässigung des Energieverbrauchs zielführend sind. Manchem Umweltschützer, der schon zähneknirschend auf die bundesrätliche Devise „Energie vor Natur" eingeschwenkt ist, liest er die Leviten, indem er den Natur- und Landschaftsschutz nicht zu Gunsten eines vordringlichen Ausbaus von Erneuerbaren Energien beschnitten sehen will. Ganz allgemein will er schwammige Zielvorgaben durch greifbare politische Instrumente ersetzt sehen und stellt uns mit der Lenkungsabgabe auf Energiepreise gleich ein solches Instrument vor.
Ein so engagiertes, dichtes Buch bietet natürlich auch Angriffsflächen. So haben wir uns – auf der formalen Seite – auch nach den vielen Jahren, die er schon herumgeistert, noch nicht mit dem Begriff des „Energiesklaven" anfreunden können. So bildhaft dieser ist, so buchstäblich lässt er uns immer zusammenzucken und im Lesefluss stolpern. Dann spricht Hanspeter Guggenbühl, absolut rechtens und absolut nicht als einziger, wiederholt von der zu erstellenden Kostenwahrheit im Energiemarkt, jedoch, ebenfalls nicht als einziger, ohne genaue Vorschläge, wie diese zu erreichen wäre. Wie rechnen wir die Mehrkosten einer endlichen Ressource mit einer - hoffnungsvoll gesprochen - unendlichen Reihe von nachfolgenden Generationen auf? Um wie vieles ist eine fruchtbare Wiese wertvoller als eine Müllhalde? Kein unüberwindliches Problem, gewiss, aber halt eines, das wir uns gern mal von einem gewieften Rechner wie diesem Autor erläutern liessen. So bleibt der Begriff grösstenteils ein Vehikel, um zu verdeutlichen, weshalb unsere Energie zu billig ist. Hanspeter Guggenbühls energiepolitische Linie verläuft insgesamt, bei allem Realismus, hart an der Grenze des politisch Machbaren. Der Aufschrei der Wirtschaftsverbände bezüglich seines Vorschlags einer variablen Lenkungsabgabe ist vorprogrammiert, und sogar wir, die das kaum verschreckt, sehen hier einige praktische Umsetzungsschwierigkeiten am Horizont. (Bezüglich der Variabilität, nicht unbedingt der Lenkung.) Aber das stürzt das Buch nicht von dem hohen Ross, auf das wir es hiermit setzen. Man muss dem Autor nicht ausnahmslos zustimmen, um von seinen Ausführungen entscheidend zu profitieren. Das Buch bietet kompaktes Grundwissen zur Energiepolitik, eine vorzügliche Orientierungshilfe bezüglich der anstehenden Aufgaben und eine nützliche Übersicht zu den Zielen der angestrebten nachhaltigen Energiewirtschaft. Man möchte es nicht nur empfehlen. Man möchte es verteilen.
Rezension: Sacha Rufer
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