Autor | Daniela Schwegler / Vanessa Püntener |
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Verlag | Rotpunktverlag |
Umfang | 253 Seiten |
ISBN | 978-3-85869-557-4 |
Preis | Fr. 39.50 (UVP) |
Dass das Bild vom sinnend im Gras liegenden Geissenpeter, um den herum das Heidi über die Matten tollt, vielleicht nicht die ganze Realität des Alplebens wiederspiegelt – dieser Verdacht ist schon mal aufgekommen. Manch einer, der in einem gewittrigen Sommer durch die Berge zog, wird vielleicht sogar eher Eindrücke aus dem „Sennentuntschi" damit assoziieren. Die Wahrheit liegt natürlich irgendwo dazwischen, beinhaltet aber zusätzlich noch etwas, das in den künstlerischen Annäherungen weniger Gewicht erhält: Viel harte Arbeit. Was uns die porträtierten Bäuerinnen, Aussteigerinnen und Sennerinnen von ihrem Leben auf der Alp zu berichten haben, dreht sich dem entsprechend oft darum. Da verwundert es einen dann schon eher, dass, ausserhalb davon oder daraus geboren, eben doch auch die romantischen Bilder in den Berichten ihren Platz finden. Die Autorin und Interviewerin Daniela Schwegler lässt die Älplerinnen frei erzählen: Von ihrer Vergangenheit, ihren Erlebnissen, ihren Hoffnungen und Erkenntnissen. Da ist mal von Einsamkeit die Rede, dann wieder vom Zu-sich-selber-finden, von der Angst vor der Natur und von ihrer atemberaubenden Schönheit, von Frust und von Dankbarkeit. So unterschiedlich die Geschichten, die Lebensläufe und Charaktere der Älplerinnen auch sind, bei allen spürt man den freien Himmel in den Worten, die Freude an einem erfüllenden Tagwerk und jenen frechen Humor, der aus mitfühlender Sorge geboren wird. Diese Schilderungen bilden das Rückgrat des Buches. Sie werden begleitet von den überraschend stimmungsvollen Fotografien von Vanessa Püntener. Überraschend, weil die Fotografin sich nicht mit Abendrot und Wolkenmeer aufhält. Ihre Bilder zeigen die Älplerinnen bei der Arbeit und in der Ruhe, sie lichtet Käskessi und anderes Arbeitsgerät und immer wieder Kühe, Schafe, Ziegen ab. Und doch sind ihre Bilder das Element des Buches, das am unmittelbarsten jene Ecke des Geistes berührt, in der die Sehnsucht kauert. Als Zugabe finden sich dann noch bei jedem Alpporträt ein währschaftes Rezept und eine Wanderroute.
Autorin, Fotografin und Verlag ist hier also ein schönes Buch gelungen. Eines, in dem man nicht nur gern und mit Verweileffekt schmökert, sondern das auch schmeichelhaft in der Hand liegt. Es sei aber nicht verschwiegen: Es gab da diesen Moment, kurz vor der Mitte der Lektüre, da fragte sich der Rezensent: Was soll's? Die Älplerinnen haben keine übereinstimmende Mission, in deren Richtung sie ihren Erzählstrom zielen, und die Informationsbrocken, die sie darin einflechten, werden in dem ihnen gebührenden Mass am ehesten andere Älplerinnen wertschätzen können. Da fällt eine Beurteilung nach Kriterien wie Wissensgehalt, Stil oder Spannungselementen schwer. Doch dieser Moment verging, und schliesslich blieb deutlich mehr vom Buche übrig als nur der Unterhaltungswert, den wir für gewöhnlich aus unserem Interesse an anderen Menschen ziehen, oder die Feststellung, dass es LeserInnen mit dem Wunsch, selbst zur Alp zu gehen, eine realistische Einschätzung der dort wartenden Herausforderungen ermöglicht. Seine Botschaft ist zwar leise, aber sie nistet sich ein. Das Buch gewährt uns einen Blick auf den geistigen und emotionalen Reichtum, der – trotz all der Mühsal beim stundenlangen Kühesuchen oder dem Schrecken ob des vom Wolf gerissenen Schafs – in der selbstgewählten Einfachheit und der Nähe zu einer rauen Natur zu finden ist, und es lässt uns gastfreundlich daran teilhaben.
Rezension: Sacha Rufer
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