Autor | Martin A. Nowak / mit Roger Highfield |
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Verlag | C.H. Beck Verlag |
Umfang | 347 Seiten |
ISBN | 978-3-406-65547-0 |
Preis | Fr. 35.50 (UVP) |
Martin A. Nowak ist Mathematiker und theoretischer Biologe. Er hat zwanzig Jahre an einigen der bedeutendsten Akademien und Forschungsanstalten zu einem Problem geforscht, das schon Darwin als Stachel im Fleisch sass: Wie kann sich in einem evolutionären Umfeld, dessen Mechanismen von Selektion und Mutation den egoistischen Verdrängungswettkampf sich fortentwickelnder Arten und Individuen zu belohnen scheinen, ein Ameisenbau, ein Bienenstaat oder ein Menschenstamm herausbilden? Oder noch grundsätzlicher: Wie kommt es, dass sich Zellen – genauso auf den eigenen Fortpflanzungserfolg angewiesen wie Kaninchen – zu vielzelligen Organismen zusammenschliessen? Die offensichtliche Antwort, dass die Zusammenarbeit den Organismen einen evolutionären Vorteil bieten muss, liess sich nur schwer und im Einzelfall beweiskräftig nachvollziehen. Nowak erahnte in der mathematischen Spieltheorie ein geeignetes Werkzeug, um diesem mysteriösen Erfolgsrezept der Evolution auf die Schliche zu kommen. In seinem unterhaltsamen und durchweg laientauglichen Buch bestätigt er nun die Ahnung als begründet. In einem ersten Teil stellt er uns fünf Grundprinzipien vor, nach denen sich Kooperationen organisieren. Bereits hier kann er anhand spieltheoretischer Modelle nachweisen, dass sich die „uneigennützige" Zusammenarbeit nicht entgegen, sondern mit den Mechanismen von Selektion und Mutation entwickelt. Er stellt uns die Kooperation also nicht als einen evolutionären Ausnahmefall, sondern als ihre dritte Triebkraft vor. Im weiteren erörtert er dann die Leistungen der Kooperation anhand der fortschreitenden Evolutionsgeschichte am Beispiel der Gene, der Zellen und der Tierarten, namentlich der Ameisen. Im dritten Teil leitet er über zum „Superkooperator" Mensch, zur kulturellen Evolution und zu einer breiten Diskussion des aktuellen Kenntnisstands zur Tragik der Allmende, die unsere evolutionär herausgebildete Befähigung zur Zusammenarbeit allzu offensichtlich vor neue Hürden stellt. Hier bricht sich sein – stets schon angedeutetes – Engagement Bahn, wenn er uns vor den Folgen der ökologischen Zerstörungen und der Ressourcenverschwendung eindringlich warnt und uns aus seinen Forschungsergebnissen Ratschläge destilliert, wie die Weltgemeinschaft darauf erfolgversprechend reagieren kann. So empfiehlt er beispielsweise, zur Förderung von klima- und umweltschützerischen Bestrebungen mehr auf das Belohnungs- als auf das Strafprinzip zu setzen, um keine kontraproduktiven Aggressionsspiralen loszutreten.
Die Präzision der Mathematik im Umfeld der fein nuancierten, vielgestaltig wuchernden Biologie: Das ist eine Konstellation, die ein gewisses Misstrauen wecken mag. Noch einmal gefördert dürfte dieses werden, wo Martin A. Nowak seine spieltheoretischen Werkzeuge auf das kulturelle und soziale Zusammenspiel von Menschen anwendet. Er formuliert dann auch einige Erkenntnisse, die sich der Erfahrung und dem berüchtigten „gesunden Menschenverstand" genauso erschliessen. Obsolet werden sie darüber jedoch nicht, und sie werden reichhaltig ergänzt durch Einsichten, die den Keim eines tatsächlich neuen, nachsichtigeren Blicks auf die Evolution in sich tragen. Wenn auch bezüglich der Feinheiten und Details von Martin A. Nowaks Beweisführung das letzte Wort wohl noch nicht gesprochen ist: Seine Grundbotschaft, dass Kooperation und sogar Altruismus entscheidende Elemente der Evolution und der menschlichen evolutiven Fitness sind, vermittelt er schlüssig. Er hebt sie auf ein breites mathematisches Fundament und ergänzt die empirischen Belege hierzu essentiell. Dabei zeigt er sich selbst als ein meisterhafter Kooperator, der den Beiträgen seiner mitforschenden Kollegen stets die gebührende Aufmerksamkeit zollt, und - mit der Unterstützung von Roger Highfield - als ein Erzähler, der seinen facettenreichen, anregenden Stoff zu einem packenden und vergnüglichen Leseerlebnis umzugestalten versteht.
Rezension: Sacha Rufer
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