Buch «Landkooperativen Longo maï»

Buch «Landkooperativen Longo maï»

Pioniere einer gelebten Utopie

Longo maï: "Es möge lange währen". Das tat es dann, wenn auch in den letzten Jahren in aller Stille. Andreas Schwabs Buch über die so hoffnungsfroh benannte Landkooperative zeigt uns, wie die Hoffnung sich in diesem Fall zur Prophetie mauserte. Es tut dies mit mehr als nur historischer Neugierde.

 

Autor Andreas Schwab 
Verlag  Rotpunktverlag
Umfang  235 Seiten
ISBN  978-3-85869-560-4
Preis  Fr. 38.— (UVP)

 

Nur wenige erinnern sich an das ambitionierte Landkooperativenprojekt Longo maï, geboren aus dem Un- und Gestaltungsmut der 68er. Bei manchem, der die 70er Jahre politisch bewusst erlebte, wird vielleicht ein Reflex aufblitzen: War da nicht mal was? Ja, da war was: Beschuldigungen der unlauteren Verwendung von Spendengeldern und des Verrats der Ideale. Sektenvorwürfe. Im Gegenzug Friedrich Dürrenmatt oder Adolf Muschg, die sich für die Kooperative stark machten. Und dann die Stille, in der so viele ähnliche Projekte sich totliefen oder an einer allzu idealistischen Einschätzung der Formbarkeit der menschlichen Natur aufrieben. Doch Longo maï gibt es noch. Andreas Schwab hat die basisdemokratisch zusammenlebenden und wirtschaftenden Kooperativen in der Provence, in Mecklenburg-Vorpommern und im Schweizer Jura besucht. In deutlich sympathisierenden, aber differenziert nachfragenden Porträts entwirft er uns ein Bild vom alternativen Landleben, von den Kämpfen, Freuden und Zielen der jungen und älteren Aussteiger und, als Historiker, nach und nach auch von der Geschichte einer erfolgreichen Utopie in progress. Unterlegt mit einfühlsamen Fotos und in lebendiger Erzählung vorgetragen, ist das erst einmal eine angenehme Lektüre, in der auch unweigerlich ein Hauch Landromantik mitschwingt. Doch hauptsächlich ist es ein wichtiger und zuversichtlich stimmender Gegenentwurf zu dem Lebensstil, der uns unsere berechtigten Ängste um die Zukunft der Menschheit einbrachte.

Der alternative Lebensentwurf: In den Jahren nach den Siebzigern verblieb er unterschwellig als Projektionsfläche für Sehnsüchte, aber fast mehr noch als Ziel für Spott oder offene Feindseligkeit. In den letzten zwei, drei Jahrzehnten zeigte er sich zudem vermehrt als Vereinzelung, als Ausbruch einer Person oder Familie in die Einsamkeit oder aus Konsumzwängen. Die grössere Gruppe, die sich ihr Leben nach eigenen ökologischen und sozialen Werten einrichtet, wird aber angesichts der immer deutlicher und schneller aufbrechenden Krisen wieder interessant... und nachgefragt. Andreas Schwabs Porträt einer solchen ist demnach auch mehr als nur der Schaulust des Historikers geschuldet. Es nutzt als Leitplanke unsere aktuellen Herausforderungen und die wiedererwachende Umschau nach hoffnungsträchtigen Alternativmodellen zu Wachstumswirtschaft, Umweltverwüstung und Ressourcenausbeutung. Selbstversorgung, soziale Gerechtigkeit und Regionalität sind hier erwartungsbesetzte Stichworte. Dass solche Hoffnungen nicht auf Sand bauen, wird immer dann klar, wenn Andreas Schwab an den essentiellen Punkten hinter die Romantik der Landkooperative vordringt und uns keine heile, aber eine ebenso vitale wie lebensfrohe Welt eröffnet. Die Probleme, denen sich Longo maï - teilweise wiederkehrend, teilweise neu - stellen muss, klingen uns sehr bekannt in den Ohren. Nur ihre Lösungen sind... ja, menschlicher wohl und zukunftsfähiger. Ebenfalls zeigt sich, dass die „Alternativität" keineswegs eines rigiden, abgeschlossenen Gesellschaftsentwurfs bedarf. Die Stimmen, die er versammelt, sind vielgestaltig. Ihre Einschätzungen und Lösungsansätze zu Problemlagen innerhalb und ausserhalb der Gemeinschaft sind es ebenso. So öffnet sich dann mit dem Einblick in ihren Alltag auch ihr reicher Erfahrungsschatz abseits der ausgetretenen Pfade, die wir mit wachsendem Zögern entlanggehen. Es ist Andreas Schwabs dankenswerter Verdienst, dass uns diese Gemeinschaft, die üblicherweise lieber auf Taten als auf Worte baut, in der Gestalt dieses Buches ihre wertvollen Lektionen übermitteln kann.

Rezension: Sacha Rufer

 

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