Buch «Der eiserne Wald»

Buch «Der eiserne Wald»

Es gibt Bücher, die kurz nach der ersten Lektüre vielleicht keinen besonders überwältigenden Eindruck hinterlassen, dann aber über lange Zeit nachwirken. Solchen haben wir hier auf dieser Seite je ein Plätzchen anfangs Jahr und im Spätsommer reserviert. Eigenartigerweise sind es dann oft Kinder- bzw. Jugendbücher, die dabei zu neuen Ehren kommen. So wie dieses.

Autor  Chris Howard
Verlag  Knaur Taschenbuch
Umfang  367 Seiten
ISBN  978-3-426-51289-0
Preis  Fr. 14.90 (UVP)


Es gibt Bücher, die kurz nach der ersten Lektüre vielleicht keinen besonders überwältigenden Eindruck hinterlassen, dann aber über lange Zeit nachwirken. Solchen haben wir hier auf dieser Seite je ein Plätzchen anfangs Jahr und im Spätsommer reserviert. Eigenartigerweise sind es dann oft Kinder- bzw. Jugendbücher, die dabei zu neuen Ehren kommen. So wie dieses.

In diesem Fall war unsere erste Reaktion auf das Buch nicht nur von phlegmatischer Gleichmütigkeit, sondern sogar von einigen kritischen Einwänden geprägt. Doch erst mal zum Plot: In diesem ersten Teil von Chris Howards Science Fiction-Reihe treffen wir auf eine Erde ohne Bäume, überhaupt grösstenteils ohne Leben ausser den übriggebliebenen Menschen, die darauf herumkrabbeln und sich an den Überbleibseln einer ehemaligen Zivilisation und teurem Gentech-Mais laben. Darunter der jugendliche Erzähler, der die gut gedeihende Sehnsucht nach Pflanzen mit der Nachbildung von Bäumen aus Eisenschrott zu stillen sucht. Solcherart seinen Lebensunterhalt bestreitend, stösst er auf Hinweise, dass an Gerüchten über einen echten, lebendigen Wald jenseits des Meeres etwas dran sein könnte. Wen wundert's, dass er sich bald auf einer turbulenten Odyssee nach dem verlorenen Paradies wiederfindet? Angesichts Chris Howards Ausbildung als Waldökologe macht die Dystopie, die er entwirft, erstaunlich wenig Sinn - zumindest für den von einer notwendigen Komplexität von Ökosystemen überzeugten Rezensenten. Eine Welt so bar des organischen Lebens, wie sie uns der Autor zeichnet, hätte wohl auch die Menschheit bereits abgeschüttelt: Gentech-Mais hin oder her. Diese mangelnde Konsistenz seines Weltentwurfs erklärt sich natürlich daraus, dass er bezüglich der Wirksamkeit der Ermahnung, die sein Jugendroman zu überbringen sucht, ganz allgemein eher auf eine wendungsreiche Erzählung und bestürzende Bildhaftigkeit setzt. Diese drohen dann aber an der logischen Überlebensfähigkeit eines Ich-Erzählers und der nachvollziehbaren Eintönigkeit einer allgegenwärtigen Verwüstung vorschnell zu erlahmen.

Doch Rettung naht, zumindest erzähltechnische. Denn da ist der Held, dessen sarkastisch-frohgemutes Geplauder uns ein ums andere Mal über die vorhersagbareren Storywendungen hinweghalf. Seine tatfreudige Weigerung, sich von den eigenen Zweifeln und Desillusionierungen den Mumm rauben zu lassen, und seine von jugendlicher Schwermut und Genervtheit nur ungenügend kaschierte Liebe zum Leben machen ihn zu einer unbedingt glaubwürdigen Identifikationsfigur. Es ist die Charakterisierung dieses jungen Mannes, die in Form eines lebendigen Bildes in uns hängen blieb. Sie verleiht der Botschaft, dass – erstens – ein Welt ohne Bäume keine besonders schöne ist, aber uns – zweitens – vielleicht näher, als uns lieb sein kann, wirkkräftige Substanz. Diese unbestritten simple Botschaft erhält im Zusammenspiel mit den Gedanken und Aktionen des Protagonisten nachhallende Tiefe und Kraft. So haben sich mit der Zeit unsere anfänglichen Bemäkelungen des Buches selbst revidiert. Eine Science Fiction, die ihre Botschaft mit nachwirkenden Bildern und Emotionen zu verbinden versteht, ist uns in diesem Fall lieber als eine, die vielleicht differenzierter und fachkompetenter daherkommt, aber schon im Vorüberziehn verweht. In den letzten drei Monaten hat sich jedenfalls die Antwort auf die Frage, ob wir uns nach dem Ende dieses Bandes auch noch den nächsten zu Gemüte führen möchten, von einem zaghaften „Wer weiss?" zum standfesten „Doch, wohl!" gewandelt.

Rezension: Sacha Rufer

 

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