Autor | Caspar Dohmen |
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Verlag | Orell Füssli Verlag |
Umfang | 221 Seiten |
ISBN | 978-3-280-05521-2 |
Preis | Fr. 25.90 (UVP) |
Auch wenn der spöttisch anmutende Titel dies vielleicht vermuten lässt: Der Wirtschaftsjournalist Caspar Dohmen verfolgt mit seinem Buch keinesfalls die Absicht, engagierte Konsumenten als fehlgeleitete Gutmenschen zu charakterisieren oder den verantwortungsbewussten Konsum auf eine Rolle als moralisches Trostpflaster zu reduzieren. Vielmehr fragt er nach, wieviel ein solcher Konsum tatsächlich bewegen kann. An Hand der Geschichte des Boykotts und des Buykotts zeigt er auf, unter welchen Vorbedingungen die Kaufkraft des engagierten Bürgers als ein Machtmittel eine intendierte Veränderung begünstigt, und wann diese Kraft verpufft. Hier kann er, an Beispielen wie der Abschaffung der Sklaverei oder Nestlé- und Shell-Boykotts, verschiedene schlüssige Erfolgsfaktoren herausarbeiten. Vor allem dem Boykott sind, solange seine Zielsetzung klar definiert war, Ausweichprodukte zur Verfügung standen und ein Missstand eindeutig benannt und überschaubar war, einige überzeugende Coups gelungen. Caspar Dohmen stellt hier nicht nur der wirtschaftlichen, sondern auch der ethischen, meinungsbildenden Kraft des Boykotts gute Noten aus. Doch seine Konsequenzen sind üblicherweise eng begrenzt: Eine breite Wirkung wie die völlige moralische Umdeutung der Sklaverei ist eine höchst seltene Ausnahme. Was wir indessen heute breiter betreiben, ist der Buykott: Die bewusste Wahl unserer Konsumgüter nach ethischen Qualitätsmerkmalen. Bio und Fair Trade sind hier die Stichworte, und Caspar Dohmens Auswertung der diesbezüglichen Erfolgsquote fällt verhaltener aus. Nicht nur, was den realen Marktanteil von ökologisch und sozial verträglichen Konsumgütern und die eingeschränkte Marktmacht von einigen besserverdienenden Mitteleuropäern betrifft, sondern ganz grundsätzlich in der Fragestellung, ob dieses Verhalten das kapitalistische, globalisierte Wirtschaftssystem im gewünschten Masse umkrempeln kann. Denn trotz aller guten Absichten handelt der verantwortungsbewusste Konsument, so Caspar Dohmen, meist weiterhin im Rahmen der Konsumlogik. Auf einschneidende Massnahmen wie einen – auch nur teilweisen – Konsumverzicht oder auch alternative Handlungsweisen wie das Reparieren statt Wegwerfen von Unterhaltungselektronik oder Kleidern lassen sich die Wenigsten ein.
Mit Konsumenten, die zwar Biofleisch, Fair-Trade-Kaffee und FSC-zertifizierte Möbel kaufen, aber auf den Shoppingtrip nach London im Billigflieger nicht verzichten wollen, lässt sich die Welt nicht verbessern, befürchtet Caspar Dohmen. Hierfür müssten wir uns auf unsere Möglichkeiten der politischen Einflussnahme besinnen. Er mag den Wert eines ethischen Konsums, der Tugenden wie Fairness, Solidarität und Umweltschutz hochhält, nicht kleinreden. Überschätzen mag er ihn indessen auch nicht. Statt einfach nur verstreute Einkaufs-Statements abzugeben und uns davon eine gerechtere, zukunftsfähigere Welt zu versprechen, sollten wir auch unsere politischen Muskeln wieder in Betrieb nehmen. In diesem Sinne erläutert er uns die Machtmechanismen von globalisierter Produktion, Marken und Konzernen, und zeigt auf, dass sich unsere eigene politische Macht keineswegs in den marginalen Grenzen hält, die die verbreitete Politikverdrossenheit uns einreden will. Während er so in seinem Buch in einem ersten Teil Konsumkritik mit unterhaltsamer Information und nachvollziehbarer Analyse verbindet, macht er im zweiten Teil Mut zu einer zielstrebigeren Veränderung. Wir schätzen zwar die meinungsbildende Wirksamkeit des verantwortungsbewussten Konsums langfristig höher ein als Caspar Dohmen, aber seiner grundsätzlichen Aussage, dass das bewusste Konsumieren keine umfassende Alternative zu politischem Handeln sein kann, schliessen wir uns in vollem Umfang an. Angesichts dessen, dass ein Wandel nun doch langsam eilt, ist dies eine wichtige Aussage, und damit: Ein wichtiges Buch.
Rezension: Sacha Rufer
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