Buch «Haben Bäume Rechte?»

Buch «Haben Bäume Rechte?»

Plädoyer für die Eigenrechte der Natur

Die hier aufgeworfene Frage kann für die Schweiz wenigstens ansatzweise bejaht werden. Umwelt und Natur gelten hierzulande als schützenswertes Allgemeingut, dessen Beschädigung vom Staatsbürger auch eingeklagt werden kann. Doch Eigenrechte als Baum, als Bach, als Moor haben sie nicht. Sollten sie diese haben? Der amerikanische Experte für internationales Umweltrecht Christopher D. Stone versammelt in seinem kurzen, aber schlagkräftigen Plädoyer die wichtigsten Argumente hierfür.

Autor  Christopher D. Stone
Verlag  thinkOya (Drachen Verlag)
Umfang  125 Seiten
ISBN  978-3-927369-81-8
Preis  Fr. 14.— (UVP)

 

Wer sich gerade erst zaghaft an den Gedanken von Persönlichkeitsrechten von Tieren herangetastet hat, der wird angesichts dieses Büchleins vielleicht verdrossen schnauben. Nun also auch Rechte für Ahorn und Zypresse, den Dorfteich und die Magerwiese? Richtige Rechte, als juristische Personen? Wir können diesbezüglich keine Entwarnung geben: Ja, genau das meint Christopher D. Stone, wenn er von Eigenrechten der Natur spricht. Und nein, er ist kein hoffnungslos wirklichkeitsferner Traumtänzer, kein Baumumarmer oder übriggebliebener Althippie. Obwohl, letzteres wissen wir nicht so genau: Zeitlich würde es hinhauen. Immerhin hat der Text, der hier auf Deutsch wiederaufgelegt wird, seit seiner amerikanischen Erstveröffentlichung vierzig Jahre auf dem Buckel. Doch vor allem ist Christopher D. Stone Rechtswissenschaftler, und dieser Profession folgt dann auch seine Argumentationslinie. Erst einmal macht er uns darauf aufmerksam, dass wir schon seltsameren Gebilden Rechte zugeschrieben haben – solchen, die keine fassbare Form und ebensowenig wie ein Fluss eine eigene Stimme haben; Aktiengesellschaften, Industriebetriebe, Staaten. Er erinnert uns des Weiteren an Zeiten, da der Gedanke an persönliche Rechte für Sklaven, Kinder oder 'Wilde' undenkbar schien. Da es uns offensichtlich gelungen ist, hier Neuerungen nicht nur zu akzeptieren, sondern fest in unser Wertesystem und Weltbild einzubinden, sieht er Hoffnung, dass wir solches auch bezüglich unserer Umwelt vollbringen könnten, und forscht nach den juristischen Ansätzen und Rechtfertigungen, die hierfür ein Fundament abgeben können. Mit eingängigen, aber strapazierbaren Beispielen macht er uns klar, weshalb die Werkzeuge des Eigentumsrechts für einen wirksamen Umweltschutz vielseits unbefriedigend sind, und was durch die Zusprache von subjektiven Rechten an nichtmenschliche Teilhaber von irdischen ökologischen Systemen – und damit ihrer Möglichkeit, aus eigenem Recht Klage zu erheben – für unsere Lebensgrundlagen zu gewinnen wäre.

In dem folgenden, juristischen Teil seiner Ausführungen folgt er streng dem amerikanischen Rechtssystem und –verständnis, weshalb dieser auf unsere Verhältnisse nur in den übergeordneten Überlegungen anwendbar ist. Doch es sind genau diese übergeordneten Überlegungen – die ethischen und ökologischen Argumente und Gedankenanstösse – die seinen Text über vierzig Jahre und einen Atlantik hinweg unvermindert wertvoll erhalten haben. Unter Beibehaltung eines sympathisierenden, aber kritischen Abstands zu den 'Umweltschützern' (er meint damit hauptsächlich die Anhänger eines konservierenden Naturschutzes, wie er im Begriff conservationist aufscheint) und stets besorgt um Realitätsverbundenheit und Reflektiertheit bewirbt er ein umfassendes Umweltbewusstsein, wie es noch längst nicht zum Allgemeinplatz geworden ist. Selbst nach Berücksichtigung seiner Überarbeitungsgeschichte präsentiert sich der Text geradezu verblüffend aktuell.

Wir haben dem Verlag thinkOya an diesem Ort schon einmal unterstellt, er verfolge einen idealistischen Zugang zu Umweltfragen und diesbezüglichen Problemlösungen – ein Zugang, dem der Rezensent reserviert gegenübersteht. Wir müssen dem Verlag diesbezüglich keine Abbitte leisten; die Einschätzung kann vorerst so stehen bleiben. Doch es ist ergänzend anzufügen, dass dieses Buch in kurzer Zeit bereits der dritte Titel der Reihe 'thinkOya Akt' ist, den wir hier empfehlen. Es gelingt den Büchern also, unsere grundsätzlichen Bedenken bezüglich der vordringlichen Installation eines ökologischen Bewusstseins – 'Nichts wird sich ändern, bevor sich nicht das Denken ändert' – ein ums andere Mal zu unterlaufen. Wie, das zeigt die Denkschrift von Christopher D. Stone exemplarisch. Sie setzt, um ein solches Bewusstsein zu fördern, keine pädagogische Indoktrination vor die praktische Entscheidung, und statt moralischer Appelle bietet sie handfeste Werkzeuge, hier juristischer Art. Das macht den Unterschied zwischen aktivem Vordenkertum und phlegmatischem Wunschdenken aus, und es bewegt uns dazu, hier nicht nur dieses Buch, sondern insgesamt die Reihe 'thinkOya Akt' der Aufmerksamkeit unserer LeserInnen anzuempfehlen.

Rezension: Sacha Rufer

 

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