Autor | Michel Roggo |
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Verlag | Werd & Weber Verlag |
Umfang | 287 Seiten |
ISBN | 978-3-85932-731-3 |
Preis | Fr. 59.— (UVP) |
Es scheint ja der Herbst der herausragenden Bildbände zu sein – zumindest für uns, die wir uns nicht auf einen steten Zustrom von solchen Titeln zu unseren oft eher bedrückenden als behaglichen Themen verlassen können. Der aktuelle Neuzugang in dieser auserlesenen Kategorie braucht die ungewohnte Konkurrenz aber nicht zu fürchten. Was der professionelle Fotograf und Taucher Michel Roggo uns in seinem Buch bietet, ist ein überaus faszinierender, sogar origineller Einblick in unsere Schweizer Gewässer; im wahrsten Sinn des Wortes ‚Einblick'. Eine erste Verteidigung des charakterisierenden Adjektivs ‚originell' eröffnet sich schon, wenn wir die Auswahl der fotografierten Gewässer betrachten. Denn woran denken wir, wenn wir an Schweizer Gewässer denken? Den Bodensee, den Vierwaldstättersee, die Rhone oder den Rheinfall? Wahrscheinlich. In schöner Negierung dieser Erwartungen erwartet uns deshalb als erste der grossen, doppelseitigen Fotografien des Bandes ein Bild von... Wolken. Dann Gletscher, dann Torfmoore... Diesem seinem Credo des Desinteresses an landläufigen Postkartenmotiven bleibt der Fotograf durchweg treu, wenn er unsere Gewässer in ihrer ganzen Vielfalt ablichtet.
Was dann aber nicht heissen soll, dass seine Bilder nicht zu Postkartenmotiven taugen würden. Es wären nur – um damit zur zweiten Verteidigung des Wörtchens ‚originell' fortzuschreiten – ausgefallene, einfallsreiche Postkartenmotive. Da schauen wir vom Grund eines Moors zu den umstehenden Birken hoch, oder ein Schwan beäugt uns kritisch um Auskunft, was wir unter Wasser zu suchen haben, oder wir gleiten in grünblauer Stille in einen schmalen Eistunnel im Flüsschen am Grunde einer Schlucht. Da schwebt ein Karpfen einsam im zauberisch beleuchteten Unterwasserwald, schleift ein Stein am felsigen Flussbett, und immer wieder blicken wir der Wasseroberfläche entlang in die uns vertraute, obere, und die darunter liegende, uns üblicherweise verborgene Welt gleichzeitig. Was uns eine weitere Besonderheit des Bandes vor Augen führt: Wenngleich das Wasser in jeder seiner Fotografien zentrales Element ist, interessiert es Michel Roggo massgeblich als Biotop und Ökosystem. Er stellt seinen artistischen Anspruch deshalb stets auch in den Dienst einer Sensibilisierung für diese lebenstragende Eigenschaft des Wassers – und dessen Verletzlichkeit. Wie beiläufig erfahren wir aus kurzen Bildbegleittexten, wie da unter und über Wasser alles miteinander zusammenhängt, und dass es in der Schweiz, "Wasserschloss" hin oder her, nicht durchweg bestens bestellt ist um die aquatischen Lebensräume.
Den Bildband wasser.schweiz also einen herausragenden, einzigartigen und beeindruckenden zu nennen, grenzt immer noch an Understatement. Um ob unserer ästhetischen und umweltbewussten Begeisterung aber ein formales Element nicht zu unterschlagen, wollen wir auch darauf hinweisen, dass wir den Titel des Buches oben nicht im vollen Umfang wiedergegeben haben. Er lautet mit gleichem Recht water.switzerland und eau.suisse, denn der Band ist durchweg dreisprachig gehalten. Der Verdacht, dass damit bewusst die Nähe zu touristischen Veröffentlichungen gesucht wird, lässt sich zwar weder in qualitativer Hinsicht noch bezüglich seiner Zielsetzung erhärten. Aber da er sich gleichwohl aufdrängen mag, wollen wir betonen, dass niemand sich davon von einem zweiten und, voraussagbar, vielen weiteren Blicken auf und in das Buch abhalten lassen soll.
Rezension: Sacha Rufer
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