Autor | Katharina Balmer |
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Verlag | Ott Verlag |
Umfang | 198 Seiten |
ISBN | 978-3-7225-0086-7 |
Preis | Fr. 41.90 (UVP) |
Es ist ein ungewöhnliches Buch, das uns Katharina Balmer hier gerade noch rechtzeitig zu Weihnachten beschert. Ungewöhnlich erst einmal in seiner Spiralbindung und seinem Format. Die Rechtfertigung von beidem wird indessen schnell offensichtlich. Ungewöhnlich ist es weiterhin, da es eine ganze Menge Folienseiten birgt. Und ungewöhnlich ist schliesslich die Zeitspanne, derer es von seiner Ankündigung bis zu seiner Auslieferung bedurfte... Doch diese letzte Tatsache behelligt natürlich nur einen ungeduldigen Rezensenten. Der stellt jetzt nichtsdestotrotz fest: Das bisschen Warten und Bangen hat sich gelohnt.
Katharina Balmer befasste sich während ihres Studiums mit Tourismusgeschichte, ist seither jedoch als Psychologin aktiv. Das ist nun nicht die Berufung, die wir angesichts eines Buches, das munter zwischen Themen der Geschichte, des Landschafts- und des Klimaschutzes wechselt, auf Anhieb erwartet hätten. Doch es mag gut sein, dass ihre psychologischen Kenntnisse dem Buch zu seiner aussergewöhnlichen Gestaltung verhalfen: Das Wissen darum nämlich, dass wir Menschen Augentiere sind, die etwas erst sehen müssen, um es in seiner ganzen Konsequenz zu erkennen. Demgemäss beinhaltet es viele Bilder und Fotografien. Die zeigen uns in direkter Gegenüberstellung, wie Ortsbilder, Landschaften und Verkehrswege rund um die Jungfrau sich unter dem Andruck von Tourismus und Bevölkerungswachstum gewandelt haben. Die abstrakte Rede von Zersiedelung und "Erschliessung" befestigt sich hier zur konkreten und - wer hätte es geahnt? - nicht durchwegs erbaulichen Anschauung.
Das Herzstück des Buches sind jedoch die erwähnten Folienseiten. Die taugen erst mal bestens, das Buch als ein originelles Geschenk für all jene zu empfehlen, "die schon alles haben". Gleichwohl: Hätten sie nicht einen gewichtigeren Zweck, würden wir das Buch hier nicht anpreisen. Dieser Zweck besteht darin, dass sie sich, bedruckt mit aus alten Gemälden und Fotos aufwändig rekonstruierten Landschaftsansichten, passgenau vor aktuelle Aufnahmen dieser jeweiligen Landschaften legen. Da sehen wir dann beeindruckende Eismassen und gleich darauf - einmal umgeblättert - nichts mehr davon. Na ja, nicht "nichts". Geröll halt, Abschleifungen, ein Fetzchen Eis oder Schnee hier und da. Wir bekommen also höchst plastisch vorgeführt, wovon wir sorgenvoll plaudern, wenn wir sorgenvoll vom Klimawandel und der Gletscherschmelze plaudern.
Da mögen dann die Texte in ihrer historischen, manchmal anekdotischen Nachzeichnung der Landschafts- und Ortsgeschichte von Grindelwald, Wengen usw. für Ortsansässige und geschichtsinteressierte Schweizer aufschlussreicher sein als, sagen wir mal, den klimabewussten Texaner. Doch auch sie geben beredten Eindruck der sorgfältigen Recherche und des überwältigend fleissigen Stöbern nach alten Postkarten, Radierungen, Stichen, Gemälden und Fotografien, die Katharina Balmer offensichtlich beschäftigten, während sie dem Rezensenten ihre Publikation vorenthielt. Sie gibt diesem damit endlich einmal Gelegenheit, im direkten genauso wie im übertragenen Sinn auszurufen: Auf dieses Buch haben wir gewartet!
Rezension: Sacha Rufer
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