Autor | Katharina Favre / Eva Maria Wilhelm |
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Verlag | Fona Verlag |
Umfang | 157 Seiten |
ISBN | 978-3-03781-084-2 |
Preis | Fr. 44.80 (UVP) |
Die Massierung von Schafen in den Schweizer Alpen ist uns ja, von unserem ökologischen Standpunkt aus, kein ungebrochener Quell der Freude. Doch - ebenfalls von diesem Standpunkt aus - entgeht uns natürlich nicht, dass sich unter den Schafrassen, die Katharina Favre hält und uns in ihrem Buch vorstellt, auch eine selten gewordene Rasse befindet, die genau solch hingebungsvoller Schäferinnen wie ihr bedarf. Und weiterhin können wir - von egal welchem Standpunkt aus - beim kritischsten Willen nicht übersehen, welch wunderbaren Bildband uns das Zusammenspiel von Frau Favres Fotografien und Frau Wilhelms Texten beschert hat.
Dafür sind, wie bei Bildbänden durchaus Brauch, zuerst einmal die Fotos verantwortlich. Sie sind im schlechtesten Fall faszinierend oder herzig oder originell, im besten Fall atemberaubend. Das mag, angesichts der an sich schon dramatischen Bildgewalt unserer heimischen Bergwelt, vielleicht nicht unmittelbar überraschen. Doch da Katharina Favre den Fokus ihrer Aufnahmen nicht vordringlich auf die Landschaften, sondern auf ihre Schafe legt, waren wir ob der Wucht ihrer Bilder dann doch ein wenig... verdutzt. Urtümliche Stimmungen regen sich, während wir eine fast ununterscheidbare Herde Wolle unter verhangenem Himmel beobachten, eindringlich überträgt sich die Energie des heranstürmenden Schafbocks, und immer wieder versetzen uns ihre Porträts oder Detailaufnahmen in berührende, kuschlige Nähe zu den Tieren. Ihr Anliegen, uns ihre Beglückung in Gegenwart ihrer Schafe erfahrbar zu machen, findet sich in ihren Fotografien in imponierender Manier umgesetzt.
Im Textteil vertieft Eva Maria Wilhelm unsere Beziehung zu den Weissen Alpenschafen, den Scottish-Blackface, den Gotländer Pelzschafen und den angesprochenen, selten gewordenen Skudden in Frau Favres Herde. Sie will damit rein subjektiv das von den Bildern eingestimmte, stille Gespräch mit dem geheimnisvollen Wesen Schaf weiterführen. Dass darüber dann ihre sensiblen Betrachtungen zum Sozialleben der Schafherde stellenweise spekulativ geraten und der Informationsgehalt wiederholt von der Schilderung der Mühsal des Schäferinnenlebens zurückgedrängt wird; das waren die Gründe, die uns im ersten Moment hinderten, dem Bildband seinen verdienten Platz zwischen unseren Buchtipps zuzusprechen. Jetzt, im Rückblick, ist es indessen genau diese sehr persönliche Annäherung an das Schafleben, die sich als eine intime und bereichernde Erfahrung in unser Gedächtnis grub.
Katharina Favre und Eva Maria Wilhelm gelingt eine einprägsame Verschmelzung von Impression und Information. Ob sie das Lob der Schafwolle singen, uns an ausgewählten Stückchen Schafmythologie teilhaben lassen oder uns die Eigenarten der porträtierten Schafrassen einfühlsam begreiflich machen: Der gesamte Umfang ihres Buches ist uns auch nach Monaten noch lebhaft vor Augen. Damit entfaltet der faszinierende Bildband genau jene seltene Qualität, die wir mit unserer Gewohnheit, alle halbe Jahre einmal Rückschau auf die herausragend eindrücklichen Publikationen dieser Zeitspanne zu halten, ergänzend zu würdigen trachten.
Rezension: Sacha Rufer
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