Autor | Mark Diacono |
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Verlag | AT Verlag |
Umfang | 247 Seiten |
ISBN | 978-3-03800-881-1 |
Preis | Fr. 23.90 (UVP) |
Erst spielten wir ja mit dem Gedanken, es uns mit der Besprechung dieses Handbuchs leicht zu machen (Schönes Buch!) und dann das übrigbleibende Internet mit einer Erörterung des klassischen Huhn-&-Ei-Dilemmas (Was war zuerst?) vollzuschreiben. Doch das wäre wohl unredlich, um nicht zu sagen; ermüdend, und es lenkte uns ausserdem weitläufig am Thema der Publikation vorbei. Denn dem Biolandwirt Mark Diacono ist nicht vordringlich an der Erkundung der kausalrelativistischen Implikationen des Zusammenlebens von Huhn, Ei und Mensch gelegen, sondern an ihren pragmatischen. Die da etwa wären: Wieviel Platz braucht so ein Güggeli, was frisst es gern, wie bleibt es überhaupt gesund und glücklich, und wie schmeckt es?
Nun gibt es, insbesondere zu letzterem, schon eine ganze Reihe von kundigen Veröffentlichungen. Das Alleinstellungsmerkmal von Mark Diaconos Buch ist also weniger darin zu suchen, was es uns darüber sagt, sondern, wie es das tut - und wem. Denn dem Autor geht es auch darum, jene Signale zu verstärken, die sich neuerdings unter dem knackigen Begriff Urban Farming versammeln. Sein Buch orientiert sich deshalb nicht am zu erwartenden Kenntnisstand einer beschlagenen Bäuerin, sondern erklärt dem verwunderten Städter erst mal, wo bei Hahn und Henne die Nasenlöcher oder die Ohren sitzen. Ebenso zielt es nicht in erster Linie auf Effizienz und Wirtschaftlichkeit von Hühnerhaltung und Eiproduktion, sondern behält spezifisch das Hühnerwohl und die Ansprüche auch einer kleinen Herde im Blick. Wobei es dann keineswegs auf der Stufe eines Laienratgebers verbleibt. Es kümmert sich nur durchgängig ausser um die Sorgen und Ansprüche der Hühner auch um mögliche Berührungsängste und Verunsicherungen ihrer menschlichen Nachbarn.
Dem entsprechend erklärt Mark Diacono uns neben dem Sozialleben der Hühnerherde, ihren Bedürfnissen bezüglich Stall, Nahrung, Hygiene und Unterhaltung oder den unterschiedlichen Anforderungen der Haltung von Lege- und Fleischrassen beispielsweise auch, welche Auffälligkeiten an der Eischale uns beunruhigen sollten oder wie ein Huhn beiderseits verletzungsfrei einzufangen und herumzutragen ist. Er freundet uns darüber hinaus mit dem Gedanken an, dass das Miteinander von Mensch und Huhn nicht ausnahmslos harmonisch und stressfrei verlaufen muss, und lehrt uns Konfliktlösungsstrategien. Deren endgültigste leitet über zum abschliessenden, umfangreichen und vielseitigen Rezeptteil des Buches... Man kann diesen Wechsel der Tonart durchaus als etwas abrupt empfinden. Es sei hier deshalb vorsorglich auf die Möglichkeit hingewiesen, ab Seite 153 die Augen zu schliessen und im Weiterblättern bis 10 zu zählen. Alle anderen Leserinnen klärt der Autor in der Zwischenzeit darüber auf, wie ein Huhn schmerzfrei zu schlachten und fachgerecht zu rupfen und zu zerlegen ist.
Das ebenso geschmackvoll wie informativ bebilderte Buch entstammt der in Grossbritannien weithin bekannten Ratgeberreihe der River Cottage Handbooks, der es an der Verbreitung der notwendigen Fachkenntnisse zu einem genügsameren, dem Kauftrieb entgegenwirkenden Konsumverhalten gelegen ist. Diese Geisteshaltung ist auch diesem Band durchgehend anzumerken, doch wir erwähnen es aus einem anderen Grund. Denn entsprechend der Sorgfalt, die Mark Diacono in die Niederschrift seines Handbuchs einfliessen liess, hat die Übersetzung solche aufgewendet, um es einem deutschsprachigen Publikum unvermindert nützlich zu machen. Die einzigen Versäumnisse, die wir ihm dennoch anlasten könnten, sind ein Mangel an vertiefenden Illustrationen zu den dargelegten Krankheitsanzeichen oder an erläuternden Planskizzen zur Hühnerstallgestaltung. Dies ausdrücklich einrechnend, bleibt unser Urteil wie bereits oben vermerkt: Schönes Buch!
Rezension: Sacha Rufer
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