Buch «Die Welt von morgen»

Buch «Die Welt von morgen»

Eine Familie auf den Spuren des Klimawandels

Die Familie Steingässer reist auf den Spuren des Klimawandels. Vor allem aber reist sie; erlebt Abenteuer, trifft bemerkenswerte Menschen und erkundet atemberaubende Landschaften. Den Klimawandel müssen sie dabei nicht eigens verfolgen, der ist bereits vor Ort. Ihr Bildband belegt dann auch eindrücklich die weltumspannende Macht dieses Umweltphänomens.

Autor Jana und Jens Steingässer
Verlag NG Malik Buchgesellschaft
Umfang 217 Seiten
ISBN 978-3-86690-457-6
Preis Fr. 39.90 (UVP)

 

Am Anfang war ein Ei. Kein legendäres Weltenei, wie es in Schöpfungsmythen rund um den Erdball die Geburt des Universums einleitet, sondern ein ganz prosaisches Ei, gelegt von einem Huhn, dies jedoch ausserhalb der gewohnten Legezeit. Dieses von winterlichen Hochtemperaturen verwirrte Ei verleitet Jana und Jens Steingässer dazu, sich mitsamt ihren vier Kindern – genauer; drei Kindern und einer Jugendlichen - in den höchsten Norden und den tiefsten Süden zu begeben, um dabei den Klimawandel als eine greifbare Tatsache zu erkunden.

Ob es nun tatsächlich der pädagogisch wertvolle Gedanke einer Konkretisierung der Klimaveränderung anstatt simpler Abenteuerlust war, der sie nach Grönland, Island, Lappland, dann nach Südafrika, Australien und Marokko und schliesslich zu Fuss über die Alpen führte, sei dahingestellt. Sie waren dort. Sie – und das wäre dann meistenteils der Papa Jens Steingässer – haben dabei berauschend schöne, dramatische Fotos geschossen, die sich nun einer Verbreitung über das Familienalbum hinaus wahrlich nicht schämen müssen. Zwar liess sich bei ihrer Zusammenstellung der Elternstolz nicht immer bezähmen, weshalb wir die versammelte Kinderschar nach Genuss des prächtigen Bildbands auf der Strasse erkennen dürften. Doch wer will es ihnen verübeln? Zum Charme des Bandes tragen auch diese Aufnahmen erfolgreich bei.

Dass wir jetzt zögern, das Buch vornehmlich als einen Bildband vorzustellen, liegt also keinesfalls an seiner Bebilderung. Auch nicht an seiner pfleglichen Gestaltung. Es ist einzig und allein die Schuld der Mutter. Denn die, Jana Steingässer, kann etwas, das in diesem Ausmass leider nicht durchweg zum Rüstzeug von Bildbandproduzenten gehört: Sie kann spannend, kurzweilig und geistreich schreiben. Dieserart gelingt es ihr, spannende Reiseerinnerungen kunstvoll mit Kenntnissen und Gedanken zum Klimawandel zu verschmelzen und uns dabei mit ihrem launigen Humor bestens zu unterhalten. Daneben kommen auch immer wieder die Zeugen der Veränderung vor Ort zu Wort, 'gewöhnliche Leute', die uns in der Rückschau die teilweise einschneidenden Umwälzungen einprägsam darlegen. Wir können in der Folge jene Frage, die wir uns bezüglich der Bewertung von Bildbänden gelegentlich stellen – ob die Texte auch abseits der Bilder überzeugenden Gehalt zu vermitteln wissen – mit einem lautstarken "Ja!" beantworten. Dazu hätte es der Expertenrunde, die den Wissensgehalt des Buches mit jeweils einem kleinen Aufsatz unterstützt (Stefan Rahmstorf, Mojib Latif und Jostein Gaarder, um nur mal die bekanntesten zu nennen) gar nicht mehr bedurft. Verdankt seien diese aufschlussreichen Beiträge trotzdem – speziell das berührende Interview, das die Tochter Paula mit Jostein Gaarder führte.

Dieses Interview könnte dann auch gleich als Kristallisationspunkt der Botschaft des Buches gelten. Jostein Gaarder spricht darin gegenüber der um ihre Zukunft besorgten Paula Steingässer von klimatischen worst-case-scenarios, hauptsächlich aber von Hoffnung. Nicht der trägen Hoffnung, die eine ersehnte Errettung ins Metaphysische delegiert, sondern jener Hoffnung, die all die kleinen Aufbrüche, Initiativen und Verhaltensänderungen lostrat, denen wir im Gefolge der Familie Steingässer rund um die Welt begegnen. Demgemäss lässt uns der Bildband nicht nur mit einem fassbaren Eindruck der Realität des globalen Klimawandels und einer Fülle an Bildern der schützenswerten Schönheit dieses Globus zurück. Er versieht uns zudem mit dem Ansporn, dessen Zukunft zuversichtlich mitzugestalten. Schritt folgt auf kleinen Schritt, werden wir erinnert: Die universelle Botschaft jedes Reiseberichts, zweifellos, aber auch eine – gerade in diesem Zusammenhang - wiederkehrend zu erneuernde.

 Rezension: Sacha Rufer

 

Kommentar schreiben

Die Kommentare werden vor dem Aufschalten von unseren Administratoren geprüft. Es kann deshalb zu Verzögerungen kommen. Die Aufschaltung kann nach nachstehenden Kriterien auch verweigert werden:

Ehrverletzung/Beleidigung: Um einen angenehmen, sachlichen und fairen Umgang miteinander zu gewährleisten, publizieren wir keine Beiträge, die sich im Ton vergreifen. Dazu gehören die Verwendung von polemischen und beleidigenden Ausdrücken ebenso wie persönliche Angriffe auf andere Diskussionsteilnehmer.

Rassismus/Sexismus: Es ist nicht erlaubt, Inhalte zu verbreiten, die unter die Schweizerische Rassismusstrafnorm fallen und Personen aufgrund ihrer Rasse, Ethnie, Kultur oder Geschlecht herabsetzen oder zu Hass aufrufen. Diskriminierende Äusserungen werden nicht publiziert.
Verleumdung: Wir dulden keine Verleumdungen gegen einzelne Personen oder Unternehmen.

Vulgarität: Wir publizieren keine Kommentare, die Fluchwörter enthalten oder vulgär sind.

Werbung: Eigenwerbung, Reklame für kommerzielle Produkte oder politische Propaganda haben keinen Platz in Onlinekommentaren.

Kommentare (1) anzeigenausblenden 

0 #Klimatopist2020-10-26 18:52
Rezension von Klimatopist

Im Buch „Die Welt von morgen – eine Familie auf den Spuren des Klimawandels“ von Jana und Jens Steingässer berichten die Autoren von ihren Reisen zu Zielen auf der ganzen Welt und geben Einblicke in die Lebensweise anderer Kulturen und die Auswirkungen des Klimawandels. Zusammen mit ihren vier kleinen Kindern und einer entsprechend großen Ausrüstung wandern sie durch entlegene Gegenden Lapplands, überqueren die Alpen, kämpfen sich durch die australische Wüste, besuchen Grönland, Island, Marokko und Südafrika. Das Buch setzt vor allem auf visuelle Eindrücke (geschätzte 75% der Seiten sind Bilder), ergänzt mit Berichten zu Erlebnissen der Familie, die ganz nebenbei Aufschluss über die besuchten Kulturen geben.
Während die (zumindest im Buch so dargestellte) Zähigkeit der sich durch die abgelegensten Landschaften schlagenden Familie und ihre logistische Leistung besonders für Abenteuerreisende inspirierend sein mag, sind für am Thema Klimawandel interessierte Leser einige Hintergrundinformationen eingestreut. Für ein Buch mit dem Anspruch, den Klimawandel zu beleuchten, sind diese leider eher spärlich, zeichnen aber ein erfreulich wertneutrales und ausgewogenes Bild der Menschen vor Ort, und wirken aufgrund der direkten Erfahrungen authentisch. Die offene Haltung der Autoren gegenüber ihren Gastgebern führt an den besten Stellen des Buchs so zu neuen Einsichten jenseits klischeebehafteter Vorurteile. Man ahnt, dass der Klimawandel ein komplexes Problem ist, dessen Auswirkungen sich nicht immer in einfache Schemata pressen lassen. Ergänzt werden die an ein Reisetagebuch erinnernden Erlebnisberichte durch Beiträge von Gastautoren, darunter Jostein Gaarder, Harald Welzer und die Klimawissenschaftler Mojib Latif und Stefan Rahmstorf. Besonders anregend fand ich persönlich den wohltuend differenzierten Beitrag der Anthropologieprofessorin Sarah Strauss („Kulturverlust? Ja, aber…“), der sich dem Einfluss des Klimawandels auf die Kultur von Völkern widmet.
Wer einen persönlichen und zugleich ökologisch und sozial relevanten Einblick in das Leben an den acht Reisezielen erhaschen will, ist mit dem Buch gut bedient. Als eine Art Mischung aus National-Geographic-Bildband, Familienalbum, wissenschaftlichem Sachbuch und Reisetagebuch ist es vermutlich für verschiedenste Zielgruppen und Altersklassen interessant. Mich selbst lässt dieser Ansatz allerdings auch etwas ratlos und unbefriedigt zurück. Statt der vielen selbstbezogenen Familienfotos und persönlichen Anekdoten hätte ich mir gewünscht, dass der Fokus konsequenter auf den Auswirkungen des Klimawandels läge. Außerdem drängt sich wohl oder übel die Frage nach den zahlreichen Flugreisen der Familie auf, die im offensichtlichen Widerspruch mit dem Ziel des Klimaschutzes stehen. Ob die Emissionen zumindest kompensiert wurden, ist dem Buch nicht zu entnehmen. Immerhin wurde es klimaneutral gedruckt – eine sinnvolle Maßnahme, die angesichts der Flugzeugemissionen aber wohl einen vergleichsweise winzigen Effekt haben dürfte.

https://www.klimatopist.de/die-welt-von-morgen
Antworten

Logo von umweltnetz-schweiz

umweltnetz-schweiz.ch

Forum für umweltbewusste Menschen

Informationen aus den Bereichen Umwelt, Natur, Ökologie, Energie, Gesundheit und Nachhaltigkeit.

Das wirkungsvolle Umweltportal.

Redaktion

Stiftung Umweltinformation Schweiz
Eichwaldstrasse 35
6005 Luzern
Telefon 041 240 57 57
E-Mail redaktion@umweltnetz-schweiz.ch

Social Media

×

Newsletter Anmeldung

Bleiben Sie auf dem neusten Stand und melden Sie sich bei unserem Newsletter an.