Autor | Dave Goulson |
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Verlag | Hanser Verlag |
Umfang | 319 Seiten |
ISBN | 978-3-446-44700-4 |
Preis | Fr. 28.90 (UVP) |
Wir wurden in den letzten Jahren mit herausragenden populärwissenschaftlichen Naturbüchern bestens versorgt. Das ist schön für uns, aber hart für die Autoren. Will heissen: Dave Goulson hatte es schwer. Denn als er uns, anfangs unserer Lektüre, erst einmal die Tücken der Sanierung eines maroden französischen Landhauses zur Kenntnis gab, da wanderten wir ab und das Buch auf einen Stapel. Da lag es dann, bis uns vorgestern am frühen Abend doch noch das Pflichtbewusstsein packte. Wir nahmen es noch einmal zur Hand. Es wurde zwei Uhr morgens.
Wir wollen demnach folgende Anweisung aussprechen: Man lese im ersten Angriff auf das Buch zwei, drei Seiten über das erste Kapitel hinaus. Denn in den Wiesen um sein Landhaus findet der britische Entomologe und Umweltschützer Dave Goulson dann geschwind den Startpunkt und die Inspiration, uns in die schrecklichen, entzückenden und wunderlichen Mysterien des Insektendaseins einzuweihen. Erst einmal geht es da um das Insekt als einzelne Spezies - um die wandernde Wespe, die liebende Libelle oder eben jenen nachlässig navigierenden Nagekäfer, der dem Buch seinen deutschen Titel bescherte. Sowie, mit leicht unverhältnismässigem Anteil, um Hummeln. Diese Bevorzugung ist Dave Goulson unbedingt zu verzeihen, schliesslich ist er beglaubigter Hummelexperte, und er kann uns gerade an ihrem Beispiel weitab der ausgetretenen Pfade des landläufigen Insektenbuchs in die komplexen Beziehungsgespinste unserer krabbelnden, summenden und flatternden Umwelt lotsen.
Diese artenübergreifenden Beziehungen sind dann Inhalt des zweiten Teils seines Buches. Hier wohnen wir jetzt den Tragödien, Komödien und Lustspielen der Koevolution bei. Dabei werden wir beiläufig animiert, bei unserem nächsten Ausflug in die Schweizer Alpen auf den Knien durch die Wiesen zu kriechen und nach den Bissspuren von Hummeln am Blütenkelch des Kleinen Klappertopfs zu suchen. Doch vor allem werden wir für den zerbrechlichen Reichtum sensibilisiert, in den diese Evolution uns einwob. Um die voraneilende Unterwanderung dieses Reichtums, um Artenvielfalt, Artensterben und des Menschen Anteil daran geht es dann in seinem dritten Teil. Schon in den vorigen Kapiteln verteilte sich das Interesse des Autors stets gleichmässig auf die Insekten an sich und auf die Methoden der Erforschung dieser Insekten, die Entomologie. Jetzt lässt er uns an einem Experiment teilhaben, das den genaueren Zusammenhang zwischen der Insektizidgruppe der Neonicotinoide und dem Bienensterben feststellt, und bringt uns damit höchst relevant in unsere Menschenwelt und die aktuelle Umweltdiskussion zurück.
Dass diese Menschenwelt und diejenige der Insekten keine getrennten sind, das macht uns Dave Goulson in seinem Buch einprägsam klar. Er vertieft diese Botschaft, indem er uns detailliert die Bedeutung vorführt, die die unüberschaubare Vielzahl der Kerbtierspezies für unser recht komfortables Leben auf diesem Planeten haben. Seine wissenschaftliche Präzision verbindet er in verblüffender Weise mit lässigem Humor und mitreissendem Enthusiasmus. Wir jedenfalls fühlten uns, als wir um zwei Uhr morgens wieder aus seinem dichten Flechtwerk von Fachwissen, Anekdoten, Erzählungen und Gedanken auftauchten, keine Spur übersättigt - und schon gar nicht müde. Dave Goulson schreibt sich damit geradewegs in die obersten Ränge unserer Hierarchie der Naturbuchautoren.
Rezension: Sacha Rufer
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