Autor | Werner Zittel |
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Verlag | oekom |
Umfang | 238 Seiten |
ISBN | 978-3-86581-770-9 |
Preis | Fr. 29.90 (UVP) |
Fracking hat, zumindest im deutschsprachigen Raum, eine schlechte Presse. Und nein, wir werden dieser Aussage ihren fast unweigerlichen Zusatz - zu Unrecht! - nicht beigesellen. Doch es ist gleichfalls eine unbedenkliche Aussage, dass das genauere Wissen darum, was beim Fracking geschieht und welche Umweltgefahren es tatsächlich birgt, weitgehend ein vages ist. Die Diskussion der Fakten fand überwiegend in Fachpublikationen statt, und die notorisch verschwiegenen Ölkonzerne trugen wenig zu einer breiteren Aufklärung bei. Die propagandistischen Desinformationen von Seiten einiger übereifriger Gegenaktivisten haben eine solche dann ebenfalls nicht gefördert. Umso dankbarer sind wir dem Energieexperten Werner Zittel, dass er die technischen, ökologischen und wirtschaftlichen Hintergründe der umstrittenen Fördermethode endlich in ein handliches Buch packt und einer kritischen Einschätzung unterzieht.
Der Glaubwürdigkeit dieser kritischen Überschau ist es unbedingt zuträglich, dass sich Werner Zittel dabei weitestgehend unparteiisch zeigt. Das fällt ihm bei der einleitenden Darlegung der geologischen Grundlagen und der Technik des hydraulic fracturing - des wasserbasierten Zerbröselns von Tiefengesteinsschichten zur Freisetzung darin gebundener Gas- und Ölreserven - natürlich noch leicht. Gleichwohl kann er uns bereits hier die Versprechen eines "Grünen Fracking" wesentlich relativieren, bevor er sich im zweiten Teil seines Buches den Erfahrungen, Erfolgen und Umwelteinwirkungen des industriellen Fracking in den USA zuwendet. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse um Nutzen und Risiken überträgt er im Folgenden auf europäische, insbesondere deutsche Verhältnisse.
Die spektakulärsten Schreckensszenarien hat er bis dahin entkräftet. Der entflammbare Wasserstrahl aus dem Trinkhahn bleibt uns seine Beweiskraft in diesem Zusammenhang also weiterhin schuldig. Ganz insgesamt stellt er das Störfallrisiko der Bohrungen nach unkonventionellen Erdöl- und Gasreserven – etwa bezüglich Methanausgasungen, Erdbebengefahr oder Trinkwasserkontaminationen –als zwar beachtenswert, aber nur schwer quantifizierbar dar. Zur tragenden Säule der Beweisführung mag er es dementsprechend nicht ernennen. Stattdessen macht er uns seltener berücksichtigte Nebeneffekte einsichtig: Den Bedarf der Fracking-Technologie an auserlesenem Sand, beispielsweise, der dann an Nebenschauplätzen die Umwelt belastet.
Trotz dieser nüchternen Abwägung fällt sein Fazit deutlich aus. Einem europäischen Fracking kann er keinen nachhaltigen Nutzen gutschreiben. Er präsentiert es uns als eine Hinhaltetaktik der Ölindustrie - gestützt auf bestenfalls optimistische Förderszenarios - um sich noch einige Jahre dem Veränderungsdruck zu entziehen. Auch den ökonomischen und energiewirtschaftlichen Nutzen rechnet er als kaum relevant. Die Rede und Förderung von Fracking als einer Brückentechnologie, so gibt Werner Zittel grundlegend zu bedenken, schafft falsche Anreize zu Lasten erneuerbarer Energieressourcen. Das Fracking selbst mag da dann weder das erhoffte Energiewunder noch eine a priori schlimmere Umweltsünde als andere Förderverfahren fossiler Energieträger sein. Es ist schlicht der falsche Weg.
Wir wünschten uns, Werner Zittels sachverständiges und ausgewogenes Buch hätte uns bereits vor zwei, drei Jahren vorgelegen. Das hätte uns manche Stunde des Kopfzerbrechens über widersprüchlichen Informationen erspart... Doch jetzt ist es ja da, und es wird sich, so schätzen wir, auch noch lange Zeit als das unerlässliche Kompendium zur Technologie und Wirtschaftlichkeit des Fracking bewähren.
Rezension: Sacha Rufer
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