Autor | Akira Ishida / Mamare Touno |
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Verlag | Planet Manga (Panini Comics) |
Umfang | Manga in Fortsetzung |
ISBN | - |
Preis | je Fr. 10.50 (UVP) |
In unserem halbjährlichen Rückblick auf hier bislang sträflich vernachlässigte publizistische Perlen streunen wir wieder mal ein Stück weit vom Weg ab. Zum einen bezüglich des Mediums: In Sachen Manga hatten wir auf dieser Seite erst einmal beiläufig konstatiert, dass diese sich (bislang) regelmässiger mit Umweltbelangen beschäftigten als die europäische und angelsächsische Konkurrenz. Zweitens, weil jetzt der erste Manga, den wir hier besprechen, sich gar nicht vorrangig um solche dreht. Was also denken wir uns dabei...?
Der erste Twist des Manga ist gar keiner. Dass der vom Helden anvisierte Dämonenkönig nämlich in Wahrheit gar kein König, sondern eine recht nette, hübsche und intelligente Dame ist, wird schon auf der ersten Seite klar. Der Streiter für das Gute ist davon dann dennoch gebührend irritiert und lässt sich in seinem Zögern überzeugen, dass ein einseitiger Sieg in dem alten Krieg zwischen den menschlichen Königreichen und der dämonischen Unterwelt zwangsläufig im Ruin beider gipfeln würde. So machen sich Held und Dämonenkönig gemeinsam auf, eine andere Lösung für den Konflikt zu finden. Unterstützt werden sie dabei von der Haushälterin und später der Ritterin, dem Jungen Händler und überhaupt einer wachsenden Anzahl von Charakteren, deren Berufung zugleich ihr Name ist.
Diese Gepflogenheit Herrn Tounos, den Charakteren einen individuellen Namen vorzuenthalten, weist uns bereits darauf hin, dass wir es hier weniger mit Personen als mit Genretypen zu tun haben. Gleichwohl zeigen sich diese dann als fassbare Persönlichkeiten; ihre Stereotypie bezieht sich hauptsächlich auf ihre Motivation. Da tut der Held eben das, was Helden so tun: Monster bekämpfen und sich bewundern lassen; die Haushälterin haushaltet, die Ritterin gewinnt die Schlacht und so weiter.... Einzig der Dämonenkönig, die sich inkognito die Rote Gelehrte nennt, weicht vom Muster ab, indem sie weniger böse als sachlich ist. Die Rolle eines Advocatus Diaboli übernimmt indessen gern die Haushälterin. Die mag dann beispielsweise zwei geflohene Kinder aus dem Stand der Leibeigenen nicht auf Anhieb als vollwertige Menschen akzeptieren und verteidigt selbstbewusst die schicksalshafte Unabänderlichkeit der angeborenen gesellschaftlichen Stellung.
Mamare Touno hat sich für seine (ursprünglich für ein japanisches Internetforum verfasste) Fortsetzungsgeschichte Maoyuu Maou Yuusha zum aktuellen Wissensstand bezüglich des europäischen Mittelalters umfassend kundig gemacht, und er präsentiert uns dieses Wissen möglichst neutral. Hier von Realismus zu sprechen, wäre verfehlt: Seine Geschichte ist und bleibt Fantasy. Doch in den Parallelen, die er zieht - und das tut er mit Vorsatz und reichlich - zeigt er sich vorurteilenden Deutungen und auch den meisten moralischen Wertungen abhold. Diese finden ihren Platz in den Diskussionen der Charaktere und sind entsprechend deren Rolle gefärbt. Dabei lässt er es sich angelegen sein, seine vielfältigen Themen - die Dreifelderwirtschaft, den Feudalismus, die spezifischen Effekte einer Kriegsökonomie oder eben die Härten der Leibeigenschaft - nach verschiedensten Gesichtspunkten zu beleuchten. Sollte er dabei einmal zu einseitig berichten - beispielsweise in seinem Lob des karitativen Nutzens von Klostergemeinschaften - so folgt später prompt eine Erörterung der Schattenseiten. Das ist wohltuend weit entfernt von den Sehnsüchten, die im fernen Mittelalter ein gelobtes Land des "Lebens im Einklang mit der Natur" zu finden meinen.
Ursprünglich aufmerksam wurden wir auf den Manga ob dessen Beschäftigung mit der Agrarwirtschaft. Gleich als erstes möchten Held und Dämonenkönig die Kartoffel einführen mit dem Fernziel, dann später auch noch die Dreifelderwirtschaft in eine effizientere Kreislaufwirtschaft zu überführen. Um dies den Bauern schmackhaft zu machen, erklärt der Dämonenkönig ihnen in einfachen Worten die Bodenökologie - und damit auch gleich der Leserschaft. In ihrem anfänglichen Scheitern lernen wir dann gleichzeitig den Wert von Bildung zu schätzen. Akira Ishida und Mamare Touno gelingt, womit sich nicht nur Comics immer wieder schwertun: Die Fusion von profunder Wissensvermittlung mit fröhlicher Unterhaltung.
Gut, man darf hier einschränken. Es gibt eingangs Momente, da Autor und Zeichner ob ihrer Themenfülle vergessen, dass sie auch unterhalten möchten. Das gibt dem gewandten Mangaka Akira Ishida zwar Gelegenheit, in der hohen Kunst der abwechslungsreichen Darstellung von Dialogen zu brillieren, doch die Geschichte schleicht dann gleichwohl im Kriechgang vor sich hin. Spätestens mit dem dritten Band ist aber auch hier ein Gleichgewicht etabliert. Wollten wir weiter etwas auszusetzen finden, müssten wir uns schon der übergreifenden Gepflogenheiten des Manga bedienen: Seiner straffen Verhaftung in geschlechtsspezifischen Rollenklischees, etwa, oder der unausweichlichen Praxis des sogenannten fan service. Doch wir mögen nicht diesem Manga ankreiden, was seiner Gattung überwiegend eignet. Wir möchten auf ihn als ein unscheinbares kleines Kunststück hinweisen, das seiner angezielten jugendlichen Leserschaft eine komplizierte Welt spannend macht und zur Lösung ihrer ökologischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Probleme ein originelles Werkzeug vorschlägt: Bildung.
Rezension: Sacha Rufer
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