Buch «Evidenzbasierter Artenschutz»

Buch «Evidenzbasierter Artenschutz»

Begriffe, Konzepte, Methoden

Ein Naturschützer beobachtet einen Marder in einer Hecke und zieht den Schluss: Hecken gefallen dem Marder. Er umgibt daraufhin seinen Garten mit Hecken. Ein anderer erlebt, dass Marder offensichtlich die Restwärme im Motorraum seines Autos geniessen, und stellt eine Flotte geheizter Autos an den Waldrand...

Autor Ulrich Hofer
Verlag Haupt Verlag
Umfang 180 Seiten
ISBN 978-3-258-07955-4
Preis Fr. 32.90 (UVP)

 

Ein, zugegeben, etwas absurdes Szenario. Es soll uns auch nur vergegenwärtigen, wie sehr der Artenschutz stets von Intuition, anekdotischen Beobachtungen und individuellen Vorstellungen eines 'idealen' Habitats geprägt war. Damit liessen sich Erfolge erzielen, aber auch immer wieder Fehlschläge - und vielfach wissen wir es nicht so genau. Dem entgegen stehen der Begriff und die Praxis des evidenzbasierten Artenschutzes, den uns der erfahrene Artenschützer und Reptilienexperte Ulrich Hofer in seinem Buch nahe bringt.

Artenschutzbemühungen waren natürlich schon immer, mindestens partiell, evidenzbasiert – also auf wissenschaftlichen Nachweisen gründend. So ging den Erhaltungsmassnahmen für das Spitzmaulnashorn der glaubwürdige Nachweis voraus, dass es tatsächlich gefährdet ist, und aus seinem beobachteten Verhalten und Vorkommen liess sich mit einiger Präzision ableiten, dass es sich an einem Sandstrand nicht in einem geeigneten Habitat befindet. In Bezug auf die konkreten Schutzhandlungen wurden dann jedoch vielfach keine methodischen Forschungen betrieben. Das ging im Fall des recht breit ausgeforschten Nashorns vergleichsweise gut, doch bezüglich vieler kleinerer, unbekannterer oder spezialisierterer Tiere glich es… na ja, nicht gerade einem Glücksspiel. Aber doch zumindest einem Experiment.

Dem gemäss legt der evidenzbasierte Artenschutz einen konzentrierteren Fokus auf die Evidenz und Angemessenheit von Schutzmassnahmen, gründend auf der Analyse von Verhalten und Ansprüchen: Auf Landnutzung und Bewegungsmustern, Fortpflanzungsleistung und Vermehrungserfolg, Gesundheit und Ressourcennutzung usw. Er bemüht sich um die methodische Untermauerung von Erhaltungsmassnahmen mittels verlässlicher Kenngrössen und um die Bereitstellung von praktikablen Modellen, die die Erfolgsaussichten von Schutzbemühungen schon vorgängig zu ermessen helfen. Ebenso betreibt er nachprüfendes Qualitätsmanagement und hinterfragt, wie sich ein Erfolg noch ausweiten liesse. Ulrich Hofer macht uns in seinem Buch mit den vielseitigen Methoden des evidenzbasierten Artenschutzes, mit verschiedenen Schätzmodellen zu Populations- und Fortpflanzungszahlen, den Prinzipien der Datenerfassung bezüglich der Raumnutzung von Tieren und auch den Werkzeugen dieser Datenerfassung in breitem Überblick bekannt.

Ob es ihm dabei gelingt, die Vorbehalte felderfahrener Tierschützer gegenüber der aufwändigen, oftmals fast klinisch anmutenden Praxis des evidenzbasierten Artenschutzes zu überwinden, lassen wir ob seiner sprachlichen und argumentativen Konzentration auf genau diese theoretischen Konzepte dahingestellt. Wir wissen hingegen von der Notwendigkeit eines Artenschutzes, der sich weniger auf Meinungen und Traditionen als vielmehr auf bestätigte Nachweise gründet; umso stärker, je schneller uns für Experimente Raum und Zeit ausgehen. Wir begrüssen sein kompetentes und breit informatives Buch also mit Handkuss in unseren Regalen und empfehlen es nur zu gern an die Regale von Biologiestudentinnen, Naturschutzorganisationen, Artenschutzbeauftragten und überhaupt allen, denen an einem wirkkräftigen Artenschutz gelegen ist.

 

Rezension: Sacha Rufer

 

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