Autor | Daniela Grach u.a. |
Verlag | Leopold Stocker Verlag |
Umfang | 87 Seiten |
ISBN | 978-3-7020-1581-7 |
Preis | Fr. 13.30 (UVP) |
Der Begriff ging dem Rezensenten bereits auf den Wecker, als er ihn das erste Mal las: Superfood. Dies nicht, weil er den solcherart gepriesenen Lebensmitteln Hochmut unterstellte: Sie haben sich das ja nicht selbst ausgedacht. Wir wussten aber aus Jahren der Lektüre von Ernährungsratgebern, dass die Ernährungswissenschaften öfter mal am Rande dessen operieren, was wir uns unter exakter Wissenschaft vorstellen, und ahnten, dass auch bezüglich der Superfoods die Verkaufsargumente - besonders nährstoffreich, besonders gesund, besonders wertvoll - vor allem auf eines hinauslaufen: Besonders exotisch. Kein Wunder also, dass wir uns einem "Schwarzbuch Superfood" sofort zugeneigt fühlten. Unsere hohen Erwartungen wurden dann noch übertroffen.
Das liegt vor allem daran, dass unsere Aversion in der Zeit zwischen Bestellung und Erhalt des Büchleins wieder abgeklungen war und wir uns schon eher sorgten, ob die unschuldigen Beeren, Algen, Samen und Früchte hier nicht unfair gegeisselt würden. Eine überflüssige Sorge, denn gar so dunkel ist das Schwarzbuch nicht. Die vier Autorinnen - verantwortungsvolle Ernährungswissenschaftlerinnen allesamt - hinterfragen nur konstruktiv den Nutzen und möglichen ökologischen, sozialen oder gesundheitlichen Schaden der exotischen Superfoods im Sinne der Nachhaltigkeit. Sie addieren also zu den gesundheitlichen Werbeversprechen die Fragen der Transportwege und der ökologischen und sozialen Voraussetzungen ihrer Produktion. Mit diesem Willen zur kritischen Hinterfragung präsentieren sie uns dann eine lexikalische Gesamtschau all der zu neuen Ehren gelangten Nahrungsmittel: Chia, Afa, Goji, Quinoa oder Açaí ebenso wie die schon länger gepriesenen Aloe Vera, Ingwer, Avocado oder die gute alte Kokosnuss. In prägnanten Einzelkapiteln präzisieren und relativieren sie ihren medizinischen Mehrwert, fragen nach ihrer Herkunft und ihren Einsatzmöglichkeiten und geben dann Rat zu ihrer kulinarischen Verwertung und Dosierung.
Dabei müssen sich dann zwar nicht alle, aber doch eine namhafte Anzahl der überfliegerischen Häppchen Skepsis betreffs ihres nachhaltigen Nutzens gefallen lassen. Das führt die Autorinnen stracks zum eigentlichen Anliegen ihres Buches: Dass nämlich diese exotischen Pflänzchen heimische Gegenstücke haben, die sich mit ebensolchem Recht mit heroischen Attributen schmücken dürften. Da fänden sich dann beispielsweise Supergiersch, Wonder Walnuss oder Green Brennnessel - und nein, diese exaltierten Namensgebungen stammen natürlich nicht von den durchwegs zurückhaltenden und sachlichen Autorinnen; sie sind ganz auf unserem eigenen Mist gewachsen. Zwölf dieser einheimischen "Superfoods" von Aronia bis Weizengras stellen sie uns im Abschluss ihres Bandes als eine lokale und unbedenkliche Alternative zu den exotischen Früchten und Gemüsen vor.
Jetzt kann eine solche Mission erwiesenermassen dazu verführen, die Bewertungsmassstäbe zu Gunsten der favorisierten Nahrungsmittel zu verschieben. Und tatsächlich schoss uns dann beispielsweise betreffs eines Nachweises des medizinischen Nutzens der Heidelbeere die bewährte Leitlinie durch den Kopf, nach der eine Studie eben noch keine Studie ist. Doch das ist Kritik auf ausgesucht hohem Niveau. Wir würden uns wünschen, die Ansprüche an Sorgfalt und fachliche Ausgewogenheit, denen sich die Autorinnen für ihr Buch unterworfen haben, würden in der Ernährungsliteratur allgemeiner Schule machen. Wir empfehlen dementsprechend, vor dem nächsten Griff nach einem exotischen Superfood unbedingt erst mal nach ihrem kleinen Ratgeber zu greifen.
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