Autor | Andreas Fath |
Verlag | Carl Hanser Verlag |
Umfang | 223 Seiten |
ISBN | 978-3-446-44871-1 |
Preis | Fr. 29.90 (UVP) |
Es war die Frustration über einen abgelehnten Fördergeldantrag, die den Gedanken gebar. Wenn das kurzsichtige Ministerium seinen Antrag auf Forschungsgelder für ein Abwasserreinigungs-Analysegerät nicht für förderungswürdig ansah, so würde er halt dafür werben. Und dafür werben konnte der schwimmbegeisterte Andreas Fath, Professor für Chemie, indem er... Ganz recht. Indem er schwamm. Ein kleines Stück weit, einfach mal den Rhein entlang: Vom Tomasee bis zum Strand von Hoek van Holland, also über den Daumen gepeilt genau 1231 Kilometer. Dabei wollte er dann regelmässig Wasserproben nehmen und auch gleich auswerten. Da behaupten wir jetzt mal aus der Sicherheit unseres Lehnstuhls heraus: Verrückter Kerl!
Sein Buch über sein selbstauferlegtes Abenteuer lebt nicht von einem klassischen Spannungsbogen. Dass Andreas Fath schliesslich glücklich die Grenze vom Süsswasser des Rheins zum Salzwasser der Nordsee durchkraulen würde, wird früh im Buch offenbar. Ebenfalls hielt sich die Zahl der von bösen Zauberern in verwunschene Burgen entführten Wassernixen, die es unterwegs zu retten gegolten hätte, in absehbaren Grenzen. Überhaupt ist der Chemiker zu sehr ein Mann der Wissenschaft, als dass es ihm angelegen wäre, sensationelle Effekte zu zünden: Wer nach atemlosen Nagelknabbermomenten sucht, muss sich mit des Autors Angst vor Glasscherben begnügen. Wir erklären das hier - etwas umständlich – um einen anderen Begriff zur Charakterisierung seines Buches ins Spiel zu bringen: Die Kurzweil.
Diese Kurzweil seines Buches rührt aus den unscheinbaren Gründen zwischen Augenblicken des Wiedererkennens (Da war ich auch schon!), Sympathie und wissenschaftlicher Neugier. Dem ersten Grund fügt sich unser mühsam bezähmter Nationalstolz an, der feststellt, dass der Rhein anscheinend dort besonders erinnernswert ist, wo er die Schweiz durchfliesst. Anders können bzw. wollen wir uns den relativen Überhang der diesbezüglichen Schilderungen, gemessen an der Länge des Flusses, nicht erklären. Den zweiten Grund haben wir mit unserem Ausruf aus dem Lehnstuhl, denken wir, bereits kommentiert. Der dritte ist dann der springende Punkt: Andreas Fath versteht es vortrefflich, sein Abenteuer zu einem reichhaltigen Buffet seines Wissens um das nasse Element - ob nun in sportlicher, hydrologischer oder ökologischer Hinsicht - auszugestalten.
Da erfahren wir dann gleich zu Beginn, dass unser Tomasee nicht nur furchtbar kalt, sondern auch erfreulich sauber ist - abgesehen von verblüffenden Anteilen an Mikroplastik. Das Mikroplastik werden wir daraufhin nicht mehr los, dazu treten Antibiotika, weitere Medikamentenreste und Hormone sowie immer mehr künstliche Süssstoffe. Der Autor rüttelt uns also aus dem befriedigten Schlummer, in dem wir uns unsere europäischen Gewässer bekömmlich sauber träumen: Tatsächlich haben sich die Verunreinigungen nur entlang der Linie der Produktentwicklungen verschoben. In Hinsicht darauf erläutert uns der Autor die alten und neuen Methoden der Abwasserreinigung und sinnt über zweckvolle Alternativen nach. Er macht uns, unaufdringlich und in friedfertiger Zurückhaltung, den fortgesetzten Wert eines effektiven Wasserschutzes einsichtig. Es gelingt ihm so ein bereicherndes und unterhaltsames Buch und ein wirksames Plädoyer zu einer bereits wieder unterschätzten Thematik - ohne Alarmismus, aber mit Nachdruck.
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