Buch «Bienen»

Buch «Bienen»

Es ist ein Paradebeispiel für das Kleine, das Grosses bewirkt: Kleine Bienen hungern nach Nektar und Pollen, und heraus kommen blühende Landschaften. Piotr Socha hat deshalb ein grosses Buch über die kleinen Honigaficionados geschrieben, bzw. gezeichnet. Gross erst einmal im Format, aber dann auch an Witz, Kreativität und Sachverstand.

Autor Piotr Socha
Verlag Gerstenberg Verlag
Umfang 80 Seiten
ISBN 978-3-8369-5915-5
Preis Fr. 31.60 (UVP)

 

Da beschloss also Piotr Socha eines Tages, er wolle jetzt Bienen zeichnen. Viele. Massenhaft kleine Bienen für ein grosses Buch; vierunddreissig nur schon mal für das Vorsatzblatt. Aber das war dann höchstens eine Fingerübung, auf reichlich weiteren Seiten sollten die Leserinnen spätestens nach siebzig Bienen das Zählen verwirrt aufgeben. So war sein Plan, und alsbald dachte er bei sich, er könne, wo er doch bereits dabei sei, auch noch allerhand Bienenwissen in sein Bienenbuch packen. Er zeichnete folglich noch so einiges dazu: Blumen natürlich, aber auch Napoleon und Joséphine, Bären und Falter, Waben und Honigtöpfe, Götter und Häuser und Zwiebelscheiben. Von uns kriegt er dafür gleich mal die Fleissnote "Aussergewöhnlich", bevor wir uns überhaupt der anderen Qualitäten seines Sachbilderbuchs gewahr werden.

Um nun all die emsigen Immen, Drohnen und Königinnen bequem in seinem wunderbar wimmeligen Werk unterzubringen, ist das Buch etwas überformatig ausgefallen. Das wäre uns - mit einem scheelen Blick auf die Höhe unserer Regale - durchaus einen Punktabzug wert, wäre es nicht dem Inhalt zwingend angemessen. Denn Piotr Socha ignoriert beherzt den gegenwärtigen Trend in der Kindersachbuch-Gestaltung, Bilder und Text eng zu einer frechen Collage zu verweben, und versteift sich stattdessen auf die Gestaltung grossflächiger, übersichtlicher Bildtafeln. Dies mit dem Effekt, dass diese Bildtafeln die Lebensführung im Bienenstaat, die Schrittfolge des Schwänzeltanzes oder den Aufbau eines Bienenstocks bereits so präzise und ausführlich erläutern, dass er sich im schmalen unteren Textstreifen weitgehend auf sinnreiche Vergleiche und amüsante Anmerkungen beschränken kann. Über einen Mangel an Modernität muss er ob dieses ‘altmodischen‘ Layouts nicht besorgt sein, denn seine Zeichnungen sind von so originell gravitätischer Skurrilität, dass sie sich einem flüchtigen Zeitgeist ohnehin versagen.

Fast vergessen wir da über unserem visuellen Vergnügen, das Buch des polnischen Imkersohns und Cartoonisten auf seine Inhalte abzuklopfen. Da geht es erst einmal um die Lebensart von Honigbiene und Bienenstaat, dann darum, wie diese Lebensart sich in zentraler Rolle in sein natürliches Umfeld fügt. Wir lernen, über das fein eingespielte Zusammenspiel von Bienenscout, Bienenarbeiterin, Bienenadel und Bienenkrieger zu staunen und den unersetzlichen Wert der Nr. 1 der Bestäuber zu würdigen. Daraufhin erkunden wir die uralte - und überwiegend einseitige - Freundschaft von Mensch und Biene, beginnend bei schief grinsenden Urmenschen über die Ägypter und die alten Griechen bis zum mittelalterlichen Zeidler und dessen simpler, aber gewitzter Methode, 'seinen' Honig gegen schleckmäulige Bären zu verteidigen. In vergleichbarer Tiefe wird uns schliesslich die zeitgenössische Imkerei erläutert, samt sorgsamer Auflistung ihrer Werkzeuge und Arbeitsgänge, verschiedener Architekturen von künstlichen Bienenbehausungen - oder Beuten, wie diese in redlichem Imkerisch heissen - und den Problemen, denen sich die Imkerinnen in neuerer Zeit ausgesetzt finden. Wobei wir uns dann, ob des Autors beiläufiger Sachkompetenz, auch bezüglich dieser Kollision des Bienenlebens mit unserer industriellen Landwirtschaft differenziert ins Bild gesetzt sehen.

Wenn wir jetzt dieses Bienenbilderbuch als ein herausragendes loben, so ragt es aus einer langen Reihe von einwandfreien Kindersachbüchern zum Thema heraus – und das keineswegs nur ob seines physischen Formats. Fachverstand, Witz, pädagogische und gestalterische Sorgfalt, all dies ist dort gewohnheitsmässig zu finden, jedoch kaum jemals so harmonisch und souverän kombiniert. Bei alledem bleibt es durch und durch ein Kinderbuch, für Kinder auch schon vor dem ersten Lesealter... obwohl: Wir möchten wetten, es begeistert auch so manche gestandene Imker. Uns tut es das ja, und wir sind gar keine.


Rezension: Sacha Rufer


 

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