Autor | Lydia Möcklinghoff |
Verlag | Hanser Verlag |
Umfang | 317 Seiten |
ISBN | 978-3-446-44874-2 |
Preis | Fr. 29.90 (UVP) |
Die Zoologin Lydia Möcklinghoff nähert sich den Themen der Biodiversität und des Artenschutzes, indem sie uns auf ihre Forschungsreisen zum Subjekt ihrer zoologischen Neugier mitnimmt. Das wäre dann: Der Ameisenbär. Ein Tier, von dem man nicht so recht begreifen kann, weshalb es noch nicht ausgestorben ist; plump, ungesellig, mit einem derart auf seine Nahrungsquelle spezialisierten Sinnesapparat, dass es im Stadtverkehr ständig gegen Laternenpfähle latschen würde. So stellt uns die Autorin ihren Helden vor, bevor sie auch schon abschweift - an die Elfenbeinküste, zum eisbärgeplagten und lemmingverfolgenden Kollegen nach Grönland, zu Superhelden-Fröschen und albernen Aras.
Da lernen wir, neben allerlei Spezies von Ameisen, Raubkatzen oder einem rassistischen Truthahn, vor allem auch jene der feldforschenden Zoologinnen kennen. Wie diese noch verschiedenes anderes zu tun finden als mit Schlapphut und Feldstecher in der Pampa zu hocken: Badewannen auf afrikanischen Märkten kaufen, beispielsweise, mit plappernden Indianer-Opas seltsame Früchte probieren, vor anrückenden paramilitärischen Verbänden fliehen. Wir erkennen den Begriff des Schutzgebiets als im doppelten Sinne stimmig - als ein Gebiet, das schützt, und eines, das geschützt werden muss - und blicken hinter die Kulissen jenes reizvollen, aber eben oft auch mühseligen und gefährlichen Tagesgeschäfts der Artenschützer. Die Tierschutzbemühungen selbst erfahren wir im Zuge dessen nicht vorrangig als Wohlfahrts-Projekt zu Gunsten der armen, randständigen Tierwelt, sondern als zukunftsweisende Notwendigkeit. Dazwischen warten unablässig Momente wie jener, da uns ein Frosch und ein dicker Skorpion in treuherziger Zweisamkeit aus ihrer Höhle heraus anglotzen und damit die alte Geschichte vom froschflossfahrenden Skorpion, der nicht gegen seine Natur ankann, Lügen strafen.
Lydia Möcklinghoff schweift so amüsant zwischen Südamerika, Deutschland, Afrika und der Arktis durch die tieraffine Weltgeschichte, dass wir unseren wachsenden Wissenshunger nach den versprochenen Supernasen kaum bemerken - bis wir dann plötzlich wieder im brasilianischen Feuchtbiotop des Pantanal sind, zwischen Tapiren, Wasserschweinen und, ah, jetzt!, Ameisenbären... Und hastunichtgesehn, sind wir auch schon wieder weg. Dass es ihr bei ihrem Tempo und unvorhersehbaren Gehopse gelingt, uns methodisch zu den Problemstellungen, Verdiensten und Tücken des Artenschutzes triftig aufzuklären, zusammen mit einer Wundertüte an zoologischem Fachwissen: Das ist entweder unverschämtes Glück. Oder es ist ein Meisterstück.
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