Autor | Brunhilde Bross-Burkhardt |
Verlag | Haupt |
Umfang | 192 Seiten |
ISBN | 978-3-258-07976-9 |
Preis | Fr. 35.90 (UVP) |
Sie stehen gerade darauf, während Sie dies lesen. Das heisst: Mit höchster Wahrscheinlichkeit stehen Sie nicht direkt darauf, sondern auf Asphalt, Beton, vielleicht sogar Metall; also auf versiegeltem Boden. Vielleicht hat diese unsere Gewohnheit, uns weitgehend über ertragsunfähige Flächen zu bewegen, ja so einiges damit zu tun, dass wir den Boden für gewöhnlich als eine leblose Schrittunterlage wahrnehmen? Anstatt dem essentiellen und spannenden Lebensraum, der er ist? Brunhilde Bross-Burkhardts neues Gartenbuch obsiegt jedenfalls gerade auch darin, uns diesen Blickwinkel auf unsere Lebensgrundlage wieder zurechtzurücken.
Ihr Buch hat unsere Sympathie ja allein schon dadurch, dass es existiert. Seit langem prangt im Segment der allgemeinverständlichen Literatur zum Ökosystem Boden eine schmerzliche Lücke. Die Sympathie wird weiterhin gestützt davon, dass der Ratgeber mit Brunhilde Bross-Burkhardt von einer erfahrenen und uns hinlänglich bestens bekannten Gartenbuchautorin stammt und in Haupt einen qualifizierten Verlag... Aber Schluss jetzt mit den Vorschusslorbeeren. Beginnen wir von vorn.
Im ersten Drittel ihres Buches bietet uns die Agrarwissenschaftlerin genau das, was wir uns davon erhofften: Eine einfach begreifliche, übersichtliche Einführung in die Bodenkunde in all ihren vielfältigen Aspekten. Da geht es dann also darum, wie und woraus Boden überhaupt entsteht, worin sich die verschiedenen Bodenarten unterscheiden, wie sie sich zusammensetzen, was darin so vorgeht und wer dafür auf pflanzlicher, bakterieller, mykologischer oder tierischer Ebene verantwortlich zeichnet. Dieses fachkundig vermittelte Wissen wird gleich darauf ergänzt mit etwas, was wir uns zu hoffen verboten hatten: Nämlich einer praktischen kleinen Anleitung dazu, wie Boden ohne Inanspruchnahme eines Labors, nur bewaffnet mit Hand, Auge und Nase untersucht und in seinen wichtigsten Eignungen bestimmt werden kann. (Eine diesbezügliche Kritik könnte lauten, dass das Buch nicht gleich mit Geruchsproben geliefert wird… Doch das Versagen von Literatur auf olfaktorischer Ebene wird ja weithin in Kauf genommen und ist, je nachdem, vermutlich in unserem Interesse.)
Mit der Bereitstellung solch praktischen Rats fährt die Autorin in der hinteren Hälfte ihres Ratgebers munter fort. Da geht es dann nicht allein um die Gartenbuch-üblichen Hilfestellungen dazu, wie die der menschlichen Sorge sich anheimgebende Bodenkrume ökologisch verantwortlich zu pflegen und zu verbessern sei (mittels Mulch, Grün- und Dungdüngung, Kompost, Wasser, Flora, Fauna...), sondern etwa auch darum, was genau welches Gartengerät in dieser Krume an erwünschtem und unerwünschtem anrichtet. Oder darum, wie zu verfahren ist, wenn ein fruchtbarer Boden gar nicht vorgängig zur Verfügung steht, sondern - im Umfeld von Balkonen, Dächern und Hinterhöfen - erst geschaffen werden muss. Ob all dieser Belange schafft sie es, uns mit einem bislang unbekannten Tipp hier oder einem erstmaligen Fingerzeig dort zu überraschen.
Die eigentliche Verblüffung nötigt uns Brunhilde Bross-Burkhardt aber dadurch ab, dass es ihr gelingt, ihre üppige Preisgabe an Kenntnissen knapp und klar zu halten, ohne dass es ihren Unterweisungen darüber an Lesefluss und Lebendigkeit gebricht. Den durch diese Prägnanz gewonnenen Platz füllt sie dann mit anschaulichen Fotografien und sinnfälligen Illustrationen auf, die dem Rezensenten - beispielsweise - endlich das detailliertere Vermögen eröffneten, zu erkennen, was er eigentlich sieht, wenn er ein Bodenprofil sieht. Aus diesem pfleglich bereiteten Untergrund spriesst dann umso ertragreicher ein geschärftes Bewusstsein um den Wert des schmählich unterbewerteten Lebensraum Boden - und unseres Nutzens daraus, ihm mehr Sorge zu tragen. Wir könnten also behaupten, ihr Buch sei ein lang vermisster, aufs Behaglichste ausgestalteter, erfreulich spannender und von wirksamem ökologischem Bewusstsein getragener Gartenratgeber. Was hindert uns daran? Absolut gar nichts.
Kommentare (0) anzeigenausblenden