Buch «Tödliche Freundschaft»

Buch «Tödliche Freundschaft»

Was wir den Tieren schuldig sind und warum wir ohne sie nicht leben können

Die Freundschaft des Menschen zum Tier ist eine ungleiche. Das hat einerseits ganz natürliche Ursachen: Wir sind halt nicht gleich. Andererseits – besonders im Fall der Haustiere – rührt es aus dem moralischen Dilemma zwischen Zuneigung und Nutzanspruch. Florian Schwinns so pragmatisches wie engagiertes Buch rüstet uns dafür, uns diesem Dilemma wieder neu und verantwortungsvoll zu stellen.

Autor Florian Schwinn
Verlag Westend
Umfang 320 Seiten
ISBN 978-3-86489-143-4
Preis Fr. 35.90 (UVP)

 

Der Umweltjournalist Florian Schwinn verfolgt die Absicht, seine Diskussion der moralischen Obliegenheiten und Versäumnisse der industrialisierten Tierhaltung - dargelegt an den Beispielen des Hundes, des Rindes, des Schweins und des Huhns - mit einem breiten Überblick über die Kulturgeschichte des Nutz- und Haustiers zu verbinden. In unserem Fall erreichte er damit, dass wir uns mehrfach gewaltsam einem fesselnden Thema entrissen und einem ganz anderen vorgeführt fühlten. Das hielt, zugegeben, die Spannung hoch, nur wahrscheinlich nicht in der beabsichtigten Weise.

Womit wir dann aber auch gleich bestätigen, dass beide Motive tatsächlich fesselnd sind; sie finden einfach erst gegen Ende des Buches zusammen. Dort wurde uns dann auch klar, weshalb sich Florian Schwinn so lange beim Klagelied des Hundes aufhielt, während uns andere Missstände dringlicher schienen. Denn dies ist die massgebliche Aussage und Botschaft seiner Beweisführung: Dass die menschliche Entwicklung ohne die Nutz- und Haustierhaltung gar nicht möglich gewesen wäre. Er spinnt daraus zwei belangreiche Argumente. Zum Einen, dass wir mit diesen ausgewählten Tieren - und diese mit uns - eine Schicksalsgemeinschaft eingegangen sind, die sich nicht so ohne weiteres wieder lösen lässt. Er stellt damit jene radikaleren Äusserungen von Tierethikerinnen in Frage, die die Tiere - in deren vermeintlich ureigenstem Interesse - ganz aus dem Nebeneinander mit dem Menschen befreien (oder verbannen) möchten. Zum andern klagt er ein, dass dieses Nebeneinander eine gewichtige moralische Verantwortung beinhaltet, die wir längst nicht mehr wahrnehmen - aus Ignoranz, Arroganz und Profitgier gleichermassen.

Er plädiert nun dafür, das Nebeneinander wieder zu einem tatsächlichen zu machen: Die Tiere also nicht mehr in Hallen zu verstecken, uns ihren Tod zu unserem Nutzen wieder sichtbar zu machen und sie ganz allgemein nicht unseren Produktionsbedingungen anzupassen, sondern umgekehrt diese Bedingungen den Tieren. Uns diese aktuellen - industriellen und alternativen - Produktionsbedingungen in Zahl, Fakt und persönlichem Augenschein anschaulich vorzuführen, ist ihm ein weiteres mit Wucht verfolgtes Anliegen.

Betreffs seiner Argumente und Anschauungen bieten sich uns die üblichen Kritik- bzw. Diskussionspunkte: Details in Gewichtungen und in Interpretationen der tierethischen Fachliteratur, die aber unser inhaltliches Einverständnis mit dem Autor nicht behelligen. Allenfalls könnten wir ihm vorwerfen, sich nicht aus der anthropozentrischen Grundhaltung herauszubewegen. Das dürfte aber weniger einem Unvermögen geschuldet sein als seiner pragmatischen Herangehensweise. Denn Florian Schwinns Buch ist vor allem das: Ein pragmatisches und entschlossenes Plädoyer, mit dem Nutztierschutz jenseits von Lippenbekenntnissen und Ersatzhandlungen endlich ernst zu machen - auch wenn dies unabdingbar bedeutet, mehr Geld für seltenere Fleischmahlzeiten aufzuwenden. Wir danken ihm dafür speziell auch deshalb, da er sich dafür nicht in die landläufige Gewissensethik der diesbezüglichen Tierrechtsdiskussion einspurt, sondern einer breiten Bevölkerung nachvollziehbar bleibt.

 

Rezension: Sacha Rufer


 

 

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