Autor | Michel Roggo |
Verlag | Werd |
Umfang | 279 Seiten |
ISBN | 978-3-85932-836-5 |
Preis | Fr. 39.-- (UVP) |
Wir würden, während wir dies schreiben, zugegebenermassen die in diesem Buch gesammelten Abbildungen von Süssgewässern gern mit einer ihrer realen Verkörperungen tauschen. Der Schmelzwassersee auf dem grönländischen Eisschild scheint uns da besonders einladend, oder auch der melancholisch mäandernde Fluss inmitten der majestätischen Berglandschaft der kanadischen Rockies... Doch wahrscheinlich würde uns da dann, abgelenkt von den ersehnten Wasserqualitäten der Erfrischung und Abkühlung, all die anderen Aspekte der Wasserlandschaften entgehen, die Michel Roggo in seinen Fotografien so ergreifend und anschaulich einfängt. Wir bleiben also vorerst sitzen (diese verhaltene Andeutung unseres Heroismus sei uns zugestanden) und beeilen uns, unsere verdunstenden Gedanken zu einem grandiosen Bildband festzuhalten:
Dass wir es in Michel Roggo mit einem vorzüglichen Fotografen zu tun haben, das hat er uns anlässlich eines vorangegangenen Bildbandes bereits ausreichend bewiesen. Nicht wenige der dort präsentierten Fotos haben sich bleibend im Bilderschatz in unserem Oberstübchen verankert, und es ist voraussagbar, dass sie sich aus dem Fundus dieses neuen Bandes namhafte Verstärkung rekrutieren werden. Jene verwunschenen Unterwasserwälder in Schweden oder im Pantanal beispielsweise, und gewiss jenes lustigste und eindringlichste Bärenbild, das uns jemals unterkam... Doch wir eilen voraus. Erst einmal informiert uns Michel Roggo in einem berührenden und persönlichen Vorwort darüber, wie in ihm der Plan reifte, anlässlich seines Freshwater Project innert sieben Jahren zu vierzig Destinationen weltweit zu reisen, um dort dann die unterschiedlichsten Süsswasser-Landschaften und -Lebensräume in ihrer Eigenart fotografisch festzuhalten, und wie ihn dieses Unternehmen veränderte. Diese Einschaltung seiner eigenen Person in sein künstlerisches und dokumentarisches Schaffen fährt er dann aber sogleich vollkommen zurück und lässt - abgesehen von einigen kurzen Informationstexten - nur noch seine Fotografien sprechen. Die tun das dann so aufschlussreich und einfühlsam, dass wir weder die Intentionen und Empfindungen des Fotografen aus den Augen verlieren noch die instruktive Erläuterung jemals vermissen.
Michel Roggos Fotografien drängen sich dem Auge selten auf. Will heissen: Sie bedienen sich kaum jemals oberflächlich spektakulärer Effekte, um unsere Aufmerksamkeit zu erhaschen. Ob er tosende Wasserfälle in Brasilien ablichtet oder eine viel kleinere Bachstufe in Slovenien, das am schlammigen Grund ruhende Nilkrokodil oder das Kiesbett der Schmelzwasser des Gornergletschers, seine Aufnahmen sind von einer gedankenvollen Ruhe, die einen Moment des Verweilens fordert. Uns darauf einlassend, belohnen sie uns mit ausserordentlichen Eindrücken und einer anlässlich jedes neuen Gewässers neu erwachenden Verzauberung. Wir nähern uns all diesen Biotopen in ihrem eigenen Recht und Wert. Michel Roggo beschwört damit unfehlbar jene Ehrfurcht und Achtsamkeit, die eine sorgende Zuneigung zu all unseren so einzigartigen wie verletzlichen Süsswasser-Lebensräumen erst ermöglichen.
Diese pflegliche Leidenschaft, die Michel Roggo seinen Bildgegenständen angedeihen lässt, eignet sich dann auch der Verlag im Umgang mit dem Werk des Fotografen an. Er bindet es also in ein Buch, das in Format und prächtiger Gestaltung ebenso erfreut wie in seinem haptischen Komfort. Wir plädieren deshalb dafür, die hohe Zeit des Bildband-Interesses, Weihnachten, zu Gunsten dieses Bandes ein paar Monate vorzuziehen. Er könnte den momentan bevorzugten Aufenthaltsort der nordkugeligen Menschheit - an fliessenden, stehenden und wellenden Gewässern - mit ganz neuen Interessen und Empfindungen sowie erstarkender Achtsamkeit bereichern.
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