Autor | Peter A. Dettling |
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Verlag | Terra Grischuna |
Umfang | 142 Seiten |
ISBN | 978-3-7298-1162-1 |
Preis | Fr. 58.— |
Wildnis! Das war die meiste Zeit der Menschheitsgeschichte kein Begriff, den man mit Wohlergehen verband. Die unberührte Natur wurde als bedrohlich, als Gegner empfunden. Mit der Aufklärung, spätestens aber mit der Industrialisierung begann eine Romantisierung der „wilden" Natur, und Autoren wie Henry David Thoreau adelten sie schliesslich zum Ideal.
Über die Folgen dieser Verbrämung, insbesondere der Legende von der „Harmonie in der Natur", kann man gerade auch betreffend des Umweltschutzes trefflich streiten, und im Allgemeinen sieht der Umweltschützer diese Romantisierung ambivalent. Begegnet uns dann ein Buch, das solcher Schwärmerei mit Nachdruck frönt, schauen wir uns das deshalb mit gemischten Gefühlen an. Im Fall des Bildbandes von Peter A. Dettling verwandelt sich diese Kritikwilligkeit jedoch schnell in ungetrübte Freude. Der Fotograf und Autor verwebt in seinem prächtig illustrierten Buch mit beträchtlichem Geschick drei Themenkreise. Da ist zum einen die subjektive Naturbetrachtung. Mit dem Auge des Fotografen nähert er sich seiner alten Heimat, der Surselva, an, und erzählt von seinen Wanderungen und Naturerlebnissen abseits der üblichen touristischen Pfade. Das gerät, wie gesagt, schon mal etwas überbordend empfindungsreich, stellenweise auch unglaubwürdig abenteuerlich. Glücklicherweise stehen dagegen zwei Themen, die solche Ausuferungen stets rechtzeitig und stimmig abfangen. Zum Einen durchwirkt der Autor seine Reiseerzählung immer wieder mit sachkundigen Informationen zum Natur- und Umweltschutz, ihrer Geschichte, ihren Erfolgen und Misserfolgen, ihren zukünftigen Aufgaben. Dabei gelingt es ihm, aus dem Stimmungshoch des Sonnenuntergangs nicht unvermittelt in düstere Prophezeiungen abzustürzen, sondern ein Gleichgewicht zu schaffen, das glaubhaft beides widerspiegelt: Die Begeisterung ob der Natur und die Sorge darum. Ähnliches gelingt ihm auch beim dritten Thema, dem eigentlichen Aufhänger des Buches. Die Spur, auf die der Autor im Untertitel anspricht und die er durch die Surselva verfolgt, ist die des Wolfes. Er sucht ihn, und unterwegs weiss er einiges über die Nemesis des Rotkäppchens zu berichten. Das geht einher mit informativen Reflexionen zu Mensch und Wildtier, und buchstäblich im Vorbeigehen arbeitet er die Diskussionen und Standpunkte zur Rückkehr des Wolfes in die Schweiz unterhaltsam auf.
Insgesamt ist das Buch ein starkes Stück. Ein starker Reisebericht von einem exotischen Ort direkt vor unserer Haustür. Ein starkes Stück Fürsprache für die Rückkehr des Wolfes in die Schweiz. Ein entschiedener Appell für einen rücksichtsvolleren Umgang mit der Umwelt durch Menschen, die sich selbst als ein Teil der Natur begreifen. Vor allem aber ein ungewöhnlicher Bildband mit stimmungsvollen Aufnahmen, die diesen Anliegen erst die nötige Wucht verleihen.
Sacha Rufer
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