Autor | Jacques Attali |
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Verlag | Parthas Verlag |
Umfang | 246 Seiten |
ISBN | 978-3-86601-027-7 |
Preis | Fr. 35.20 (UVP) |
Um der Zukunft auf die Spur zu kommen, muss man sich mit der Vergangenheit beschäftigen. Folgerichtig widmet Jacques Attali mehr als einen Drittel seines Buches deren Aufarbeitung, bevor er sich dann im weiteren Verlauf unserem noch jungen Jahrhundert zuwendet. Hier sieht er drei einander ablösende Entwicklungen auf uns zukommen, die er Hyperimperium, Hyperkonflikt und Hyperdemokratie nennt. Das Hyperimperium wird als Folge der marktwirtschaftlichen Globalisierung zur ungehemmten Wanderbewegung von Bevölkerung, Unternehmen und Werten führen, wird dann an den eigenen inneren Widersprüchen in einem Hyperkonflikt zusammenbrechen und schliesslich, so die Vorsehung und viel guter Wille es vermögen, in eine glorreiche Hyperdemokratie münden. Wie der spöttische Unterton dieser Zusammenfassung es vermuten lässt, finden wir einiges auszusetzen an den Gedankengängen des Autors. Seine Aufarbeitung der Historie beispielsweise ist zumindest seltsam. Er erschliesst sich Zusammenhänge, wie sie ihm mit dem Auge des Ökonomen einleuchtend erscheinen, und bewertet die Entwicklungen stets ausgehend von gerade aktuellen Begriffsdefinitionen. Er pfropft der Vergangenheit also durchweg seine (Wert-)Vorstellungen auf. Das gibt, so ist es Natur der Sache, ein recht geschlossenes Bild, das er dann munter in die Zukunft weiterführen kann. Und obwohl er weiss und mehrfach darauf hinweist, dass Prophezeiungen immer Spekulation sind und unvorhersehbare Ereignisse eben unvorhersehbar, zeigt er sich doch recht überzeugt von seinen eigenen Auslegungen. Zudem nerven seine Begriffsbildungen fast augenblicklich. Beim wiederholten „Hyper"-Irgendwas möchte man ihn dann doch einmal fragen, was das eigentlich soll, und was einen „Transhumanen" genau auszeichnet, wäre ebenfalls eine erhellende Einsicht.
Am entscheidenden Punkt gehen aber all diese Beanstandungen vorbei. Denn Jacques Attali will uns nicht die Zukunft vorhersagen. Er will uns Vorschläge machen, wie wir den meisten kommenden Katastrophen durch einen einigermassen einfachen Prozess entgehen könnten: Reflektiertes und kritisches Denken. Das, und entsprechendes Handeln, fordert er von seinen Lesern, und er schult sie gleich darin. In dieser Absicht ist das Buch jede damit verbrachte Minute wert. Vorausschauendes Denken ist ein Wagnis, bei dem man sich nur zu oft in der Rolle des Irrenden wiederfindet. Dennoch muss es dringend geübt werden, und Jacques Attali macht uns das mutig und mit unbestreitbarer Intelligenz vor. Das Buch ist eine Herausforderung. Wer Herausforderungen mag, wird es lieben.
Sacha Rufer
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