Autor | Info Flora (Hrsg.) |
Verlag | Haupt Verlag |
Umfang | 813 Seiten |
ISBN | 978-3-258-08048-2 |
Preis | Fr. 38.-- (UVP) |
Die Flora Helvetica ist längst ein Standardwerk. Kaum ein Buchregal eines oder einer an Botanik Interessierten in der Schweiz (und darüber hinaus), das sie nicht an prominenter Stelle zierte. Eigens empfohlen muss ein Buch mit diesem Wortlaut im Titel und der dazugehörenden Reputation im Rücken demnach kaum mehr werden. Wir machen’s trotzdem und versuchen uns dabei an einer Einweisung, was uns hier erwartet.
Erst einmal: Der Titel des Buches könnte irreleiten. Der Exkursionsführer führt uns nicht auf Exkursionen, sondern begleitet uns auf solchen mit präziser und höchst fachkundiger Bestimmungshilfe der schweizerischen Gefässpflanzen. Er tritt - anlässlich der sechsten überarbeiteten Auflage der Flora Helvetica - an Stelle des Bestimmungsschlüssels. Und es ist höchst willkommen, dass er dies tut, hörte man doch allenthalben Klagen, dass, wer sich die Flora Helvetica samt Schlüssel in den Rucksack packen wolle, dafür den Proviant gleich wieder auspacken müsse. Der Exkursionsführer bietet nun sichere Pflanzenbestimmung in zwar immer noch überdurchschnittlichem, aber doch verträglichem Gewicht und Mass.
Dieses immer noch leicht überdurchschnittliche Gewicht und Mass kommt einfach dadurch zustande, dass sich der Exkursionsführer an Feld-, Laien- und andere Botanikerinnen wendet, die es genau wissen wollen. Ausgehend von einer ersten Grobunterscheidung von Land-, Wasser- und Holzpflanzen leitet er uns in fortschreitender Präzisierung der Merkmale zu allen 3858 wild wachsenden Gefässpflanzen, die in der "Flora Helvetica-Checklist 2017" enthalten sind. Das sind dann, zusätzlich zu den heimischen Arten, auch sämtliche Neophyten sowie Klein- und Unterarten. Wer also eine in der Schweiz wildwachsende Pflanze in diesem Führer nicht findet, hat beste Chancen, eine neu eingewanderte oder überhaupt neue Art aufgestöbert zu haben. Das gibt uns dann wiederum einen klaren Hinweis auf die immense Leistung, die hinter dem Buch steht. Ist doch die Botanik keine statische Disziplin, sondern zurzeit ausgeprägten Veränderungen unterworfen: Der Klimawandel ist hier ein Stichwort, und ebenso die klassifikatorischen Neuzuordnungen durch die molekularsystematische Forschung.
Der anspruchsschwangere Umfang des Führers hat zur Folge, dass er auch an die Benutzerinnen Ansprüche stellt. Die vorherrschende Schriftgrösse an ihre Sehstärke, beispielsweise. Ernsthaft bemängeln möchten wir das nicht, da Abstriche hier den Boden dafür bereiten, an einem anderem zentralen Ort keine Abstriche machen zu müssen: Bei der schieren Fülle an hilfreichen Zeichnungen nämlich, die die Bestimmungsarbeit sehr effektiv erleichtert. Einzig die ebenfalls jeder beschriebenen Pflanze angefügten Verbreitungskarten werden in der gewählten Grösse ihrem Informationsgehalt nur oberflächlich gerecht. Einen weiteren Anspruch stellt die Bestimmungsarbeit selbst. Da heisst es erst mal, sich in eine Vielfalt sehr differenzierter Begrifflichkeiten - parallelnervig, fiederspaltig, quirlständig - einzuarbeiten und einzufühlen. Wer hier bereits mit der Flora Helvetica oder den Online-Angeboten von infoflora.ch gearbeitet hat, hat Vorteile. Doch dann geht die Bestimmung dank der Teilschlüssel eingangs des Buches, die zielsicher zu den im Hauptteil des Buches gelisteten, kompakten Pflanzenporträts hinleiten, bemerkenswert flott von der Hand.
Das Autorenteam mühte sich bei alledem sichtlich und gedeihlich, den Exkursionsführer so praxis- und laientauglich wie möglich zu halten, indem sie etwa auf gut erkennbare Pflanzenmerkmale und dabei dann auf möglichst klare Gegensätze fokussierten. Dennoch: Allzu unbeleckt sollten die Laien, die das Buch zur Hand nehmen, nicht sein. Eine etwas intimere Kenntnis der botanischen Terminologie sei empfohlen. Das dürfte jedoch all jenen, die nicht nur der Wunsch nach irgendeinem, sondern nach dem ultimativen Schweizer Pflanzenführer umtreibt, ohnehin eine Selbstverständlichkeit sein.
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