Buch «Selbst ist die Pflanze»

Buch «Selbst ist die Pflanze»

Einfach gärtnern - wie Samen sich verbreiten und den Garten gestalten

In ihrem Gartenratgeber lehrt uns Sigrid Tinz, die selbstständigen Fertigkeiten von Pflanzen für ein naturnahes, befriedigendes und bequemes Gärtnern nutzbar zu machen. Sie würzt das mit einem herausragend verständigen Naturbezug.

 Autor Sigrid Tinz
 Verlag pala-verlag
 Umfang 173 Seiten
 ISBN 978-3-89566-372-7
 Preis Fr. 27.50 (UVP)

 

Sie ist eine jener, die damals, als das Wort "Naturgarten" erst heimlich unter der Erle getuschelt wurde, den “ordentlichen“ Gärtnerinnen und Gärtnern den kalten Angstschweiss auf die Stirn trieben. Die Geoökologin Sigrid Tinz mag ihre Pflanzen und ihren Garten wild, naturnah, wuchernd. Heute nun, da sich der Naturnahe Garten längst vom Idealismus zum Ideal verbessert hat, ist sie einfach eine jener, die wissen, dass Pflanzen schon ganz gut zurechtkamen, als die Menschen erst ein Liebhaberprojekt überspannter Primaten waren. Und diese Fertigkeit der Pflanzen, gut alleine zurechtkommen, und wie man sie sich schlauerweise zunutze macht; davon handelt ihr kleines, kluges Gartenbuch.

Da ist dann vielleicht erst mal zu klären: Wozu überhaupt ein Gartenratgeber, wenn die Gräser, Kräuter, Blümchen und Stauden in diesem Garten machen dürfen, wonach ihnen gerade der Sinn steht? Das hängt dann etwa mit ästhetischen Ansprüchen zusammen. Möglicherweise mögen ja auch Sie, wie die Autorin, die Akelei nicht in altrosa. In dem Fall ist es ganz praktisch zu wissen, wie sich so eine Akelei aussät und verbreitet. Dementsprechend klärt Sigrid Tinz in ihrem Buch ausführlich über die verschiedenen Arten auf, wie sich die Pflanzen vermehren: Per Wind, per Ameise, per Ausläufer, per Regenschauer. Oder ein besonders vorwitziger Neuansiedler macht Anstalten, Ihren gesamten Garten zu übernehmen. Auch hier lohnt es sich, der Autorin kurz Gehör zu schenken, wie ihm sanft und sachlich Grenzen gesetzt werden können: Dem Giersch etwa, der Brennnessel oder dem Ackerschachtelhalm.

Sigrid Tinz' Philosophie ist dabei eine simple und zeitsparende: Den Bewuchs weniger zu päppeln und zu befrieden, als ihn vielmehr sachverständig zu lenken. Sie bringt dafür das geobotanische Fachwissen um Standorte, Bodenbeschaffenheiten und die vielfältigen Lebensweisen der selbstständigen, einjährigen, zweijährigen und ausdauernden Pflanzen mit, das sie uns in ihrem Buch praxisnah auseinandersetzt. Dem fügt sie eine Prise eleganten Schalks hinzu, indem sie geläufige Konzepte der Gartenpflege einfach mal auf den Kopf stellt. Es findet sich eine kleine Versammlung Disteln auf der Wiese? Man rahme sie mit Steinen ein, stelle einen Stuhl daneben, und schon sieht's aus wie geplant… Ebenfalls weiss sie Empfehlungen auszugeben, wie der wilde Garten einem spezifischen Verwendungszweck anzugestalten sei: Welche giftigen und allergenen Kräuter, Sträucher oder Blumen beispielsweise zu verscheuchen sind, bevor kleine Kinder sie entdecken, und was diesen dann stattdessen geboten werden kann. Oder wie man auch einem Gemüsebeet die freie Selbstverwirklichung gestattet.

Damit finden wir in dem Gartenbuch alles, was wir uns von einem zweckmässigen und kompetenten Gartenbuch erhoffen: Sachverstand, Praxisbezug, sogar den willkommenen Funken Originalität. Auch machte Sigrid Tinz ganz gewiss nichts falsch, ihr Buch dem pala-verlag anzutragen, der ja für die pflegliche Gestaltung seiner Publikationen bei uns längst einen Stein im Brett hat. Doch auch in der Kumulation hätte ihm dies - zumal in der reichen Konkurrenz an zweckmässigen und kompetenten Gartenbüchern - noch keinen Platz unter unseren Buchtipps reserviert. Das gelingt ihm, indem durch den vergnügt-freundschaftlichen Tonfall der Autorin stets ein gefälliger Schimmer ihres reflektierten und eigenständigen Geistes drängt. Anstelle ökologischen Sendungs- oder gärtnerischen Trendbewusstseins treffen wir da auf einen pragmatischen, gleichwohl begeisterten und begeisternden Naturbezug, wie er uns für einen verständigen, sprich achtsamen Umgang mit dieser Natur vorschwebt. Das ist dann das kleine Mehr zum insgesamt Vielen, mit dem sich Sigrid Tinz' Buch aus der Masse keck herausreckt.

 

Rezension: Sacha Rufer


 

 

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