Autor | Axel Hacke / Michael Sowa (Ill.) |
Verlag | Antje Kunstmann |
Umfang | 86 Seiten |
ISBN | 978-3-95614-298-7 |
Preis | Fr. 22.10 (UVP) |
Nachdem wir uns hier in den letzten Wochen und Monaten so einiges an strikt sachorientierten, nachdenklichen oder auch mal bedrückenden neuen Tierbüchern genauer besehen haben, wollen wir das jetzt mal ein wenig auflockern: Hackes Tierleben. Eine Neuheit ist der schmale Band ja streng genommen nicht - erstmals erschien die illustrierte Sammlung von vergnüglichen Tierporträts 1995. Sie wurde jetzt jedoch in so schöner Ausstattung wieder aufgelegt, dass sie auf jeden Fall eine frische Würdigung verdient. Und streng genommen liesse sich auch die Meinung verteidigen, es hier ebenfalls mit einem nachdenklichen, sachorientierten Tierbuch zu tun zu haben. Auf seine Art. Hingegen bedrückend; bedrückend ist es gewiss nicht.
Axel Hacke schreibt seine kleinen Tierporträts nach eigenem Bekunden nicht als Wissender an Wissende, sondern als Fühlender an Fühlende. Oder, wie wir es weiterhin einschätzen würden, als Lächelnder an Lächelnde. Als Verspielter an Verspielte... Wir erfahren, als ein Beispiel nur, dass die Kröten früher zu Prinzessinnenzeiten die schönsten, anmutigsten Tiere waren; ein Unglück war's, verwandelten sie sich plötzlich in grobschlächtige Königssöhne. Er erinnert, wie ehedem die Leute an Flüssen lagerten, schnurrende Krokodile kraulend. Oder er sinnt darüber nach, was wohl geschehen ist, das die Hyänen so garstig werden liess? Wobei etwa seine Ideen zu letzterem uns als Hinweis dienen dürfen, dass der Mann nicht nur Unfug treibt. Er schreibt sehr wohl auch als Wissender, hat sich weit und breit eingelesen in die Schöne und die Fachliteratur zu Rothirsch, Hering oder Regenwurm. Er fügt es nun aber zu einzigartig bunten, vergnügten Textkapriolen zusammen.
Es sind also vornehmlich komische Texte, die Axel Hacke da kunstvoll auf jeweils zwei, drei Seiten ineinanderknotet. Mal albern, mal hintersinnig, mal fröhlich; in skurrilem Pathos oder kindlicher Unverfrorenheit vorgetragen, suchen sie dennoch in ehrlicher Neugier nach dem Empfinden, dem Charakter, dem inneren Wesen der Tiere. Und anders als der alte Brehm, den er so gern zitiert, übt er sich dabei nie darin, diese Tiere dem eigenen Werteverständnis einzupressen. Er streift sie nur mit zugeneigtem Blick und lässt sie, kurz an kitzliger Stelle angestupst, gleich wieder springen, fliegen, krabbeln, schwimmen... Ebenso ist alles, was er an Kuriosem oder Heiterem aus Weltliteratur, Lyrik und Sagenwelt einfügt in seine einfühlsamen Skizzen, von entsprechendem Wohlwollen und Sich-Wundern beseelt.
Einträchtig ergänzt werden diese Texte von Michael Sowas markanten Gemälden. Im unverwechselbaren Stil des Künstlers verschiebt sich, wie gewohnt, das Alltägliche leise hinüber ins Surreale. Und so sehr sie da, im ersten Erkennen, einfach mal witzige Bilder sind, sind sie dann immer noch etwas mehr. Michael Sowa malt seine zauberhaften Tierbilder in subversiver Leichtigkeit. Darunter lauert dann gern auch mal existenzielle Beunruhigung: In der Tsunami-Welle hinter den monochrom gaffenden Schafen; im fordernd aufgerissenen Schnabel des Kuckucksküken im Kinderwagen, geschoben von der niedergedrückten Vogelmutter. Doch hauptsächlich kommentiert er, beharrlich eigensinnig, die Worte Hackes, und führt uns die Tiere vor, wie wir sie kaum kennen: Nah. Mit uns in zärtlicher Gesellschaft.
Dass das Vergnügliche, das Schrullige auch, durchaus klug und belangreich sein kann, ist ja keine neue Entdeckung - wenn auch selten in dieser Vollendung vorgeführt. Dass es dabei so feinfühlig, so freundlich und allen zugänglich bleibt, ohne je in ein schmeichlerisches Mittelmass abzusinken: Das verblüfft dann doch. Und damit ist das Buch - um kurz den tierischen Ernst zu bemühen, der unseren Fachbereich so oft begleitet - ein vorzüglicher Botschafter jener Einfühlungsgabe in der Beziehung von Mensch und Tier, der wir so nötig bedürfen. Vor allem aber ist es einfach ein unvergleichlich fideles Lesevergnügen, das nach mehr schreit… (Man darf ja hoffen.)
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