Autor | Oliver Lubrich / Adrian Möhl |
Verlag | Haupt |
Umfang | 272 Seiten |
ISBN | 978-3-258-08107-6 |
Preis | Fr. 39.90 (UVP) |
Es ist ja kein Zufall, dass der Name des Universalgelehrten, Weltreisenden und grossen Wissensvermittlers Alexander von Humboldt gerade in den letzten Jahren wieder breiter ins öffentliche Bewusstsein dringt. Als Begründer der Pflanzengeografie und eines Naturbildes, das die Welt in Vernetzungen und Abhängigkeiten denkt, lehrte er bereits im 19. Jahrhundert eine ökologische Weltsicht, bevor der Begriff der Ökologie überhaupt geprägt war – und hat uns in diesem Zusammenhang auch weiterhin einiges zu sagen. Entsprechend setzt dann auch dieser bestechende Bild- und Leseband, der uns den Ausnahme-Wissenschaftler im Spiegel seiner botanischen Forschungen nahebringt, dessen Vermächtnis in lebendige Beziehung zur modernen Pflanzenwissenschaft.
Wie der Geist Alexander von Humboldts arbeitete, lässt sich schon daran ablesen, wie sich in dem Buch die Einzeldisziplin der Botanik gleich wieder ausfächert zum interdisziplinären Kaleidoskop. Es geht da im Schwerpunkt um Pflanzen, klar, und natürlich um die Reisen und die Biografie des Naturforschers; doch unbezähmbar spielt sogleich eine ganze Vielfalt von Fachgebieten hinein. Geografie und Geologie, Philosophie, Ethnologie und Medizin, Literatur und Kunst wachsen der Pflanzenkunde organisch an. Sie versetzen sie in Bewegung in mehr als nur in dem Sinne, in dem uns das Buch von Humboldts abenteuerlicher Feldforschung und der bewegten Nachwirkung seines Schaffens berichtet. Die Botanik selbst dynamisiert sich von der starren Klassifikation nach Carl von Linné zur Betrachtung der Pflanze in ihrer Umwelt, in ihrem Zusammenspiel mit Tieren, Klima, Geografie, bis hin zu ihrer bewegten und bewegenden Darstellung in Wissenschaft und Kunst.
Die Herausforderung, all dies in eine ebenso überschaubare wie sachgerechte Form zu bringen, ruft nach Autoren mit vergleichbar disziplinübergreifendem Fachwissen. Dieses veredeln der Literaturwissenschaftler Oliver Lubrich und der Pflanzensystematiker, Biogeograf und Wissenschaftliche Zeichner Adrian Möhl dann gleich noch mit flüssigem Erzähltalent. Mit beeindruckender Leichtigkeit verflechten sie den spannenden Bericht von Humboldts Forschungsreisen, seinen botanischen, literarischen und lebensgeschichtlichen Wegstationen mit wissenschaftsgeschichtlichen Einordnungen und Gegenwartsbezügen. Gleichsam in die Raststätten dieser langen Wanderung fügen sie zusätzlich informative Aufsätze, die sich mit angerissenen Sachthemen vertieft auseinandersetzen. Zur reinen bibliophilen Freude schwingt sich der Band dann aber als ein eigentlicher Bildband auf. Da wird keine Pflanze erwähnt, kein Gemälde besprochen, keine Landschaft beschrieben, ohne dass eine Abbildung – eine Fotografie, eine Zeichnung von Humboldts oder Bonplands Hand, ein zeitgenössischer Stich oder eine Karte – uns diese dann sofort vors Auge führen.
Dem Vorwurf, dass sie Alexander von Humboldt vielleicht allzu prächtig als einen übermächtigen Giganten malen, setzen Oliver Lubrich und Adrian Möhl dann noch aktuelle Kritikpunkte an der Person Humboldts entgegen. Da sie diese aber im gleichen Atemzug schon wieder entkräften, kann dieser Versuch als ein recht zaghafter gelten. Wir können das leichtherzig verzeihen, ist es doch gerade die Leidenschaft sowohl Humboldts wie der Autoren, die dem Buch so ausserordentlich gut steht und es einem breiten Publikum empfehlenswert macht. Wer sich auch nur ein bisschen für Botanik, für Ökologie und Pflanzengeografie oder/und für Wissenschafts- bzw. Kunstgeschichte begeistern kann, wird von dem wunderschönen Band bezaubert sein.
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