Autor | Jonathan Safran Foer |
Verlag | Kiepenheuer & Witsch |
Umfang | 327 Seiten |
ISBN | 978-3-462-05321-0 |
Preis | Fr. 30.40 (UVP) |
Jonathan Safran Foer hat mit seinem Buch "Tiere essen" wohl mehr Leute zum Vegetarismus oder Veganismus überredet als irgendein anderer Autor. Dass ihm das gelang, beruhte nicht zuletzt auf seiner Nahbarkeit und Aufrichtigkeit. Diese Stärken spielt er nun auch in seinem neuen Buch aus, für das er sich unsere Bequemlichkeit angesichts der existentiellen Bedrohung des Klimawandels zur Brust nimmt. Er tut das etwa, indem er gleich eingangs seines Buches ein Geständnis macht, das vermutlich nicht wenige der ihm damals Nachgefolgten schmerzhaft ankommen wird: Dass er nämlich in seinem eigenen Vegetarismus nicht durchweg konsequent war und sich in schwachen Momenten der Verführung eines Burgers nicht gewachsen zeigte. Er drückt sich da schonungsloser aus, als wir es hier tun; Heuchelei und Scheinheiligkeit sind Begriffe, die er diesbezüglich auf sich anwendet. Gleichwohl liegt genau in diesem Eingeständnis der Fehlbarkeit – und ohne dass er sich insofern in billige Ausreden flüchtet – auch ein triftiges Anliegen seines Buches.
Aber beginnen wir von vorn. Jonathan Safran Foer stellt fest, dass sich die meisten Empfehlungen zur klimafreundlichen Verhaltensänderung – nicht nur in seiner amerikanischen Heimat – um einen Tatbestand leise herumdrücken. Obwohl es dieser ermöglichte, sich viel unmittelbarer und tauglicher um den Klimaschutz verdient zu machen als etwa mit dem Kauf eines Elektrofahrzeugs oder ordentlichem Recycling – so sinnvoll die auch sein mögen. Richtig: Mit einer merklichen Reduktion des Fleischkonsums. Und da er den Stapeln der Klimaliteratur nicht einfach nur eine weitere Abmahnung hinzufügen möchte, bemüht er sich stattdessen, in Selbstreflexion und Anschauung der kulturellen und psychologischen Voraussetzungen zu ergründen, was es uns so schwer macht, uns angesichts der Klimakrise verantwortlich und wandlungsfähig zu zeigen. Wobei der Schwerpunkt – wie zu erwarten und auch zu begrüssen – auf der Selbstreflexion liegt. Dennoch lässt er es nicht aus, uns dann zusätzlich faktentreu über die Zusammenhänge von Fleischkonsum und Treibhausgasemission aufzuklären und die wissenschaftlichen Erkenntnisse in aufrüttelnd anschauliche Bilder und klare Worte umzugiessen.
Gerade weil sich Jonathan Safran Foer in seinen eigenen Verdrängungsleistungen und seiner Unlust zur Konsequenz ständig selbst herausfordert, fordert er auch uns heraus. Seine "Kontroverse des Autors mit sich selbst" ist eine, die allen bekannt sein dürfte, die sich schon einmal um einen Gewohnheitsdurchbruch bemühten. Er führt sie – und uns – nun über den Punkt hinaus, an dem sie noch erfolglos abgebrochen werden kann. Dabei macht er klar, dass es mit kleineren Zugeständnissen innerhalb des Rahmens persönlicher Wohlgefühle nicht mehr getan ist: Der Klimawandel ist eine Krise, die sich nicht aussitzen lässt. Zeitgleich wird deutlich, dass es in der Verhaltensänderung nicht um Perfektion, umgekehrt aber auch nicht nur um "die Bemühung" geht: Es geht um Aktion.
So. Und damit sind wir an jener Stelle in dem Buch angelangt – etwa zwei Drittel, abzüglich des umfangreichen Quellenverzeichnisses – bis zu dem wir es der Lektüre mit Nachdruck anempfehlen. Im Rest befanden wir dann, dass Jonathan Safran Foer ihm mehr schade als nütze, indem er sich etwa in eine detailspezifische Debatte mit Schriftstellern begibt, deren publizistische Beiträge zum Thema seinem New Yorker Umfeld bekannt sein können: Uns sind sie es nicht. Seine angereihten Exkurse zu ausgeatmeten Molekülen, Noahs Arche oder dem Leben und Sterben seiner Grosseltern drohten dann ständig, uns jetzt ganz abzuhängen. Leichtherzig verzeihen mögen wir ihm, dem erfahrenen Autor, diesen Irrgarten von Erinnerungen, Gedanken und weltanschaulichen Konzeptskizzen im Schlussspurt seines Buches nicht. Doch mit gewonnenem Abstand dürfen wir wiederum festhalten, dass er seine zentrale und so ungemein relevante Botschaft doch in aller dienlichen Wucht und Empathie rüberbringt: Dass der persönliche, wirksame Beitrag zum Klimaschutz stets nur eine Mahlzeit entfernt liegt.
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