Autor | Timo Daum |
Verlag | oekom |
Umfang | 185 Seiten |
ISBN | 978-3-96238-141-7 |
Preis | Fr. 24.80 (UVP) |
Wir haben es noch nicht ganz mitbekommen, aber gerade eben wurde das Verkehrswesen neu erfunden. Die Umstellung auf elektrische Antriebe im Individualverkehr ist da nur das eine. Daneben gewinnen Carsharing und Ridesharing an Boden, und die Entwicklungen in den Bereichen der digital vernetzten Mobilitätskonzepte oder des automatisierten Fahrens drängen mit Macht voran. Timo Daum, Physiker und Experte in Fragen der digitalen Ökonomie und der Verkehrswende, unternimmt mit seinem Buch eine sachkundige Einordnung, was von diesen Entwicklungen in Hinsicht auf ihre ökologischen und gesellschaftlichen Wirkungen zu halten ist.
Die innovativen Kräfte im Verkehrswesen sind schon eine Weile nicht mehr die Autohersteller. An ihre Stelle treten verstärkt IT-Unternehmen. Tesla, Google, Uber, Lyft: Sie alle denken vom Auto weniger als einem Sehnsuchtsobjekt individueller Autonomie denn als einem IT-Serviceprodukt und entwickeln Konzepte einer plattformgestützten, nutzerfreundlichen Verkehrsgestaltung. Timo Daum erläutert uns in seinem Buch anschaulich die dahinterstehenden Technologien, Begriffe und Geschäftsmodelle und bringt uns auf den gegenwärtigen Stand der Forschung. Da hinein webt er als Zugabe eine kurze Historie und Kritik des modernen Verkehrswesens, vor allem aber eine kompetente Übersicht über die anstehenden Aufgaben und Herausforderungen einer emissionsfreien Mobilität.
Um die sich abzeichnenden digitalen Entwicklungen in ihren Wirkungen auf Stadtplanung, Verkehrspolitik, Klimaschutz oder Mobilitätsverhalten tauglich einschätzen zu können, ist es notwendig, sich auch über die Geschäftskonzepte der digitalkapitalistischen Ökonomie klar zu werden, die diese vorantreiben. Und so ist Timo Daums Buch keines über Verkehrsstaus oder Pendlerpauschale, sondern beschäftigt sich mit Informationstechnologie, Big Data und mit den Chancen und Tücken von Plattformdiensten. In seiner Durchleuchtung der hier auftrumpfenden Unternehmen gelingt es ihm deutlich aufzuzeigen, wie deren Bemühungen um grüne Verkehrsgestaltung von ihren darunterliegenden Motiven einer Monopolisierung des Verkehrs konterkariert werden. Das Buch dient damit schon einmal als eine taugliche Impfung gegen allzu goldene Versprechungen und Hoffnungen betreffs einer schönen neuen, App-basierten Verkehrswelt.
Das will nun aber nicht heissen, dass all die gegenwärtig angestossenen Veränderungen des Teufels seien. Tatsächlich sind sie in den meisten Ansätzen hilfreich und zukunftsfähig. Um diese Vorteile für Umwelt und Gesellschaft zu nutzen, ohne uns dabei der Datenherrschaft der Silicon-Valley-Konzerne auszuliefern, erarbeitet Timo Daum im Abschluss seiner Analyse eine ambitionierte Mobilitätsperspektive. Er rät hier dringlich zur vorausschauenden Aktion: Etwa mittels einer verkehrspolitischen Vorrangstellung und Förderung der (elektrischen) öffentlichen Verkehrsmittel, des Aufbaus von öffentlichen Sharing-Communitys, aber auch der Sicherung der Datenhoheit der Kommunen vor den privatwirtschaftlichen Interessen. Sein Buch bewährt sich damit – neben der kompetenten Orientierungshilfe zur Verkehrswende – als konstruktives Plädoyer an Politik und Zivilgesellschaft, hier selbst gestaltend Einfluss zu nehmen und die Zukunft des Strassenverkehrs nicht den Digitalkonzernen zu überlassen.
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