Autor | Christian Felber |
Verlag | Deuticke (Hanser) |
Umfang | 300 Seiten |
ISBN | 978-3-552-06402-7 |
Preis | Fr. 30.40 (UVP) |
Effizienz, Wachstum, Wettbewerb, Freiheit. Das sind nur einige der vorwiegend positiv besetzten und gern wiederholten Stichworte, in deren Kontext sich uns die kapitalistische Wirtschaftsordnung anempfiehlt. Derweil die Schattenseiten dieser Wirtschaftsweise im sozialen und ökologischen Umfeld deutlich zu Tage treten, hat sich daran nichts verändert. Die neoklassischen Wirtschaftswissenschaften haben sich in ihre Weltsicht eingegraben und betrachten Infragestellungen von aussen unter dem Verdacht der Häresie. Ein Resultat dieser eingleisigen Betrachtungsweise ist dann etwa die Rede von „Alternativlosigkeit“. Mit seinem neuen Buch richtet Christian Felber, Initiator der Gemeinwohl-Ökonomie-Bewegung, einen dringenden Aufruf an die Wirtschaftswissenschaften, den Blick zu öffnen und die möglichen Alternativen zu erforschen.
Um die dafür nötigen Schritte einzuleiten, empfiehlt Christian Felber der Ökonomik erst einmal, sich von der Anmassung der objektiven Naturwissenschaftlichkeit zu befreien und sich dort zu positionieren, wo man erwiesenermassen hingehört: Im Feld der Sozialwissenschaften. Da er seine Kritik an der akademischen Doktrin nicht nur Ökonomen, sondern einem breiten Publikum verständlich machen möchte, zeigt er dann auch gleich nachvollziehbar auf, wie diese Fehleinschätzung mittels Mathematisierung und der Konstruktion vermeintlicher Naturgesetze – wie etwa jenem von Angebot und Nachfrage – befestigt wurde. Er zielt dabei nach den Grundfesten der gegenwärtigen Wirtschaftswissenschaft, und ganz in diesem Sinne plädiert er dann für eine Ökonomie in ihrer ursprünglichen Bedeutung der fürsorgerischen Haushaltsführung anstatt in ihrer landläufigen Fokussierung auf „Märkte“.
Im Folgenden führt uns der Autor in einer scharfsichtigen Analyse durch die Vielfalt der Selbstbegrenzungen, blinden Flecken und Fehleinschätzungen der vorherrschenden Wirtschaftslehre. Er nimmt dabei ihre Proklamation der Wertfreiheit ebenso aufs Korn wie ihr reduziertes Verständnis von Freiheit überhaupt und seziert geflissentlich ihren Modellorganismus des Homo oeconomicus. Anhand einer gründlichen Inspektion ihrer Lehrbücher belegt er ihre Abschottung in einer geschlossenen theoretischen Blase, die mittels verschiedener Immunisierungsstrategien die Reinheit des eigenen Gedankengebäudes verteidigt. Er beweist uns die Ökonomie, kurz gesagt, nicht nur als eine Wissenschaft von mangelhafter Falsifikation und Methodik, sondern als eine Ideologie. Dem entgegen stellt er die Tugend der Interdisziplinarität und fordert eine Besinnung auch auf ethische Erwägungen. Oder auch nur die schlichte Anerkennung von Sachverhalten, die anderen Wissenschaften längst eingeschrieben sind: Wie etwa die evolutionären und psychologischen Verdienste von kooperativem vor konkurrenzierendem Verhalten.
Man muss mit Christian Felbers Argumenten und Einschätzungen nicht durchweg einverstanden sein. Er zeigt sich in seinen Urteilen oft allzu dualistisch, und der von ihm für die Wirtschaftswissenschaften geforderte Pluralismus öffnet sich uns etwas zu sorglos der Beliebigkeit. Doch solcher Einspruch kann geschehen, ohne der Überzeugungskraft seiner Beweisführung und der Wucht seiner Botschaft ein Haar zu krümmen. Sein Buch ist in seiner Kritik genauso wie in seinem Anstoss zur Veränderung ein lohnendes, einsichtsvolles und konstruktives.
Kommentare (0) anzeigenausblenden