Autor | Maja Göpel |
Verlag | Ullstein |
Umfang | 207 Seiten |
ISBN | 978-3-550-20079-3 |
Preis | Fr. 20.50 (UVP) |
Wir haben es hier schon einmal festgestellt, und jetzt tun wir es halt nochmal: Wir Menschen sind recht gut darin, uns mit gegenläufigen Informationen zu arrangieren. So kann uns beispielsweise der Ratschluss, in einer begrenzten Welt sei unbegrenztes Wachstum nicht möglich, durchaus einleuchten, während uns die Nachricht einer munter wachsenden Wirtschaft doch weiterhin beruhigt. Doch diese Fertigkeit gilt es zumindest in diesem Zusammenhang bald mal abzulegen, wenn sie sich nicht rächen soll. Die Politökonomin Maja Göpel – Mitglied des Club of Rome und Mitbegründerin der Initiative Scientists for Future – zeigt uns in ihrem Buch deutlich auf, welcher neuen Realität wir uns zu stellen haben.
Wenn wir aus ihrem Buch eine einzige Quintessenz zu ziehen hätten, dann wäre es dementsprechend auch diese: Dass ein Weitermachen wie bisher keine Option mehr ist. Tatsächlich und unleugbar nicht, allen Beschwichtigungen zum Trotz. Um nun aber erfolgreich die Zukunft zu gestalten, gilt es erst einmal, die Welt so zu erkennen, wie sie ist, anstatt so, wie sie früher einmal war. Maja Göpel macht uns anhand der verschiedenen Krisen des Klimawandels, der Demokratie, der globalen Ungleichheit und der Gemeingüter klar, welchen Unterschied es macht, heute anders als jemals zuvor in unserer Geschichtsschreibung in einer „vollen Welt“ zu leben. Und da sie weiss, dass auch diese neue, veränderte Gegenwart gleichwohl nach ihrer Vergangenheit geformt ist, vergisst sie nicht, nach ihren Begründungen dort zu fahnden. In beredter Sachkenntnis und im systemischen Zusammenhang von Ökonomie, Politik und Ökologie führt sie uns so an die überkommenen Denkbarrieren heran, die einer Entwicklung zur Nachhaltigkeit wiederkehrend im Weg stehen.
Der Autorin ist es dabei weniger daran gelegen, uns pfannenfertige Nachhaltigkeitslösungen zu präsentieren. Sie arbeitet grundlegender darauf hin, uns auf den Boden der Tatsachen zu stellen, bevor wir aufbrechen, darauf Bäume zu pflanzen. Sie unterläuft damit zielsicher die Instinkte unserer Konsumgesellschaft, jedem Problem sofort eine wohlfeile Kaufempfehlung nachzuschieben, und lädt uns stattdessen ein, die dahinterstehenden Welterklärungen und Wertvorstellungen selbstaufrichtig in Frage zu stellen. Dass dies tatsächlich als eine Einladung und nicht als Mahnung daherkommt, dafür sorgen dann ihr beherrschter, kameradschaftlicher Tonfall und ihr glaubwürdig übermitteltes Anliegen, die Lage mittels gemeinschaftlichen, inklusiven Handelns zu wenden.
So vieles, was Maja Göpel an Argumenten wider die vorherrschende „Grösser, Schneller, Mehr“-Ökonomie ins Feld führt, vermag nun ausgebuffte Wachstumskritikerinnen und Klimaschützer kaum zu überraschen. Doch darum geht es auch nicht. Was ihr stattdessen fabelhaft gelingt, ist, ihre doch hinreichend komplexe Thematik in eine leicht fassbare Form zu giessen. Sie verzichtet dafür auf ökonomischen Jargon und leitet, wieweil intellektuell anspruchsvoll, ihre Schlüsse aus nachvollziehbarem alltäglichem Erleben ab. Das ermöglicht auch jenen, die sich sonst von akademischer Fachsprache eher abschrecken lassen, genau das, was der Titel ihres Buches verspricht: Aus der Box der ökonomischen Glaubenssätze und vermeintlichen Alternativlosigkeiten auszubrechen und unsere Welt neu zu denken. Dabei schafft sie es gleichzeitig, jenes Gefühl der Selbstwirksamkeit in ihren Leserinnen und Leser zu stärken, das einen Wandel im persönlichen Denken und Leben erst möglich macht.
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