Autor | Adele Brand |
Verlag | C.H. Beck |
Umfang | 207 Seiten |
ISBN | 978-3-406-75113-4 |
Preis | Fr. 30.40 (UVP) |
Das – oder zumindest ein – Geheimnis des Erfolgs des Menschen als einer biologischen Spezies liegt in seiner Anpassungsfähigkeit. Dasselbe lässt sich sagen von Vulpes vulpes, dem Rotfuchs, dem die britische Ökologin Adele Brand hier ein feinfühliges und ungemein lehrreiches Stück Lektüre gewidmet hat. So ziemlich überall, wo man auf Menschen trifft, trifft man auch auf den Rotfuchs oder mindestens eine seiner Unterarten. In den verschiedensten Charakterisierungen hielt er Einzug in unsere Mythen, Fabeln und Sagen, von den Erzählungen der First Nations Nordamerikas bis zu den Animes Japans, und erduldete als unser wilder Nachbar Verdammung ebenso wie Verehrung. Genauso divers sind auch die verschiedenen Perspektiven, unter denen uns Adele Brand den häufigsten Wildhund Europas in seinem Verhalten, seinem Sozialleben und seiner facettenreichen Nähe zum Menschen nahebringt.
Adele Brand, soviel wird schnell offensichtlich, hegt eine herzliche Passion für den rotgewandeten Trickster, die von ihrer langjährigen wissenschaftlichen Beschäftigung mit ihm nirgends angekränkelt wurde. Sie erzählt uns warm von ihm, einfühlsam, und dann charmant humorvoll in den vielen persönlichen Anekdoten, die sie in ihre Betrachtungen einstreut. (Bezaubernd beispielsweise ihre Berichterstattung von der eigenartigen Anziehung, die der „listige“ Fuchs auf „diebische“ Elstern zu haben scheint…) Das temperiert sie mit wohlabgewogener akademischer Distanz, wo es um die Erläuterung seiner Lebensweise und seiner Ökologie geht, oder wenn sie unmissverständlich klarmacht, wie der Rotfuchs, bei aller Nähe zu unseren menschlichen Einflusssphären, eben doch ein Wildtier bleibt. Wir erhalten so ein sympathisierendes, aber nicht weniger gültiges Bild des Fuchses in all seinen Lebensphasen, gesellschaftlichen Gepflogenheiten und geografischen Besonderheiten.
Daneben, aber längst nicht zuletzt, bemüht sie sich um Vermittlung in den Konfliktzonen zwischen Mensch und Fuchs. Wie wir ersehen, ist diese Beziehung in den Vereinigten Königreichen angespannter als hierzulande – was angesichts der dortigen, hitzig geführten Diskussion um die Fuchstreibjagd wohl nicht verwundern muss. Diese Debatte lässt sie dessen ungeachtet links liegen – sie hält sie erkennbar für ein ersterbendes Rauschen im Blätterwald – und konzentriert sich stattdessen auf die alltäglicheren Spannungen, die sich im geteilten Lebensraum ergeben. Da unterzieht sie unseren allgemeinen Blick auf „die Natur“ ebenso einer kritischen Überprüfung wie unsere zutiefst menschlichen, aber vielfach fehlgeleiteten Interpretationen der füchsischen Überlebensstrategien.
Die Autorin setzt auf Toleranz durch Verständnis, und ihr Buch belegt mustergültig, wie solches gelingen kann. Während sie sich nicht scheut, dem Rotfuchs auch mal in anthropomorphisierender Sprache auf den Leib zu rücken, kann sie doch klar die Missverständnisse zwischen ihm und uns aushebeln und eine faire, angemessene Annäherung anbahnen. Demselben Ziel verpflichtet, endet sie ihr Buch mit einer kleinen „Werkzeugkiste“, die eine sensible umweltpädagogische Beschäftigung mit dem Fuchs in seinen ökologischen Zusammenhängen, seiner Lebensweise und seiner ganz eigenen Magie ermöglicht. Im Ergebnis liest es sich als ein ebenso lohnender wie begeisternder Bericht, der die nächste zufällige Wegquerung mit Reineke zu einem innigen Erlebnis hebt.
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