Buch «Planet der Insekten»

Buch «Planet der Insekten»

Zu Besuch bei den wahren Herrschern der Erde

Nein, es sind nicht nur Insekten, denen David MacNeal in seinem Buch in ihrer Bedeutung für die Menschheit nachspürt. Da krabbeln auch noch allerhand andere Gliederfüsser drin rum. Aber nochmals Nein: Das mindert keine Spur das Lesevergnügen oder den immensen Informationsgehalt, den es uns beschert.

 Autor David MacNeal
 Verlag Aufbau
 Umfang 363 Seiten
 ISBN 978-3-351-03738-3
 Preis Fr. 33.10 (UVP)

 

Ob Insekten tatsächlich die „wahren Herrscher der Erde“ sind, darüber dürfen sich Entomologen, Mikrobiologinnen und Anthropologen gern noch ein wenig streiten. Fest steht: Sie sind viele, sie sind überall, und sie sind existenziell wichtig nicht nur für die irdischen Ökosphären, sondern eben auch für uns Menschen. Gehen wir nach der Anzahl der spannenden und informativen Veröffentlichungen, die aktuell zu diesem Fachbereich erscheinen, dringt diese Tatsache auch immer stärker ins öffentliche Bewusstsein. Dieses Buch des amerikanischen Wissenschaftsjournalisten David MacNeal darf in dieser anwachsenden Auswahl für sich reklamieren, thematisch und konzeptionell herauszustechen. Es geht ihm darin nicht zum vermehrten Mal um die wundersamen Fertigkeiten und verblüffenden Lebensweisen der Kerbtiere – wenigstens nicht in erster Linie. Er treibt sich stattdessen überall dort herum, wo die Menschen- und Insektenwelten sich, zum Guten oder zum Schlechten, überschneiden.

Wir starten in die weltumspannende Exkursion in dem klassisch entomologischen Fachgebiet der Klassifikation: Ihrer Geschichte, ihren Schwierigkeiten, ihren Patzern und ihrer Faszination. Strikt zoologisch geht es dann auch noch kurz weiter, hinab in Ameisenbauten und hinüber in ein Labor, wo der Autor sich abmüht, zwei Vogelspinnen zur Fortpflanzung zu überreden. Doch schon gleich darauf folgen wir einem sauertöpfisch unerschütterlichen Schädlingsbekämpfer in verbettwanzte Wohnungen in New York und in die wechselvolle Entwicklung meist minder effektiver Insektizide, gefolgt von einem Besuch in der Leichenhalle, geführt von einer Forensikerin, die sich vor Kakerlaken ekelt. Da scheint es schon heraus: David MacNeal interessiert sich nicht nur für bugs, sondern ebenso sehr für die Menschen, die sich täglich mit ihnen umgeben. Im Nebenstrang erforscht er damit das belastete Verhältnis von Mensch und Geziefer in all seinen kulturellen und persönlichen Ausprägungen, durchaus mit der Absicht, es wenigstens ein Stück weit zu entschärfen. Folgerichtig geht es von der Forensik in die Medizin, die Robotik, die Ökonomik – Seidenraupen – und schliesslich in die Kulinarik. Der rasende Reporter gibt während einer ausgedehnten Restaurant-Tour präzisen Bericht über die Geschmacks- und Konsistenznuancen von längst nicht nur Grillen und Heuschrecken… Auch hier begegnen wir beispielsweise wieder Vogelspinnen. Von diesen ungewohnteren Gaumenfreuden erholt er sich dann mit der Verkostung des besten Honigs der Welt und der hoffnungsvollen Erörterung der momentanen Herausforderungen der Imkerei.

David MacNeal berichtet agitiert und höchst informativ, dabei auch immer amüsiert und amüsant. Die Ernsthaftigkeit seines Anliegens, uns die vielgestaltige Welt der Krabbelviecher in ihrer Bedeutung für unseren Alltag und unsere Zukunft fassbar zu machen, wird dadurch kräftig unterstützt. Und ja, auch sachkundig: All den Entomologinnen, die sich während des obigen Abschnitts die Haare rauften, sei zugestanden, dass der deutsche Titel des Buches etwas verunglückt ist. Der Originaltitel Bugged beruft sich, wenigstens in seiner volkstümlichen Verwendung, nicht ganz so ausschliesslich auf die Insektenwelt. Dem Autor jedenfalls ist die Differenzierung zwischen Insekten und anderen Gliederfüssern durchaus geläufig, und was er sich sonst noch an Erkenntnissen und detailliertem, breitgestreutem Fachwissen erschlossen hat, ist so faszinierend wie belangvoll. Es nötigt Respekt ab: Vor ihm ebenso wie vor all den Käfern, Maden, Kakerlaken, Spinnen und Bienen, die er uns mit seinem Buch nahbar und wertvoll macht.

 

Rezension: Sacha Rufer


 

 

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