Buch «Das Omnivoren-Dilemma»

Buch «Das Omnivoren-Dilemma»

Wie sich die Industrie der Lebensmittel bemächtigte und warum Essen so kompliziert wurde

Zum Thema Ernährung sind eine unüberschaubare Anzahl Bücher auf dem Markt. Selbst wenn wir die Diät-Ratgeber und die Bücher jener Weissager, die über die richtige Ernährung Bescheid wissen, davon abziehen, wird die Auswahl kaum übersichtlicher. Diese Tatsache kann gerne als Indiz gewertet werden, dass der Journalist Michael Pollan mit seiner These vom Omnivoren-Dilemma nicht weit danebenliegt. Das Allesfresser-Dilemma, so sagt er, ist nicht die Frage, wie wir an unser Essen kommen. Sondern, was wir überhaupt essen sollen.

Autor  Michael Pollan
Verlag  Goldmann Arkana
Umfang  607 Seiten
ISBN  978-3-442-21933-9
Preis  Fr. 24.90 (UVP)

 

Die industrielle Nahrungsmittelproduktion hat diese Frage weiter verkompliziert. Eigenartige (wie beispielsweise eine plötzliche Kohlenhydrat-Abstinenz ganzer Bevölkerungsschichten), ethisch anstössige (Nutztier-Massenhaltung) oder gar gefährliche Entwicklungen (BSE, Monokulturen usw.) sind die Folge. Michael Pollan sucht nun in seinem Buch eine Antwort für das Omnivoren-Dilemma in unserer Zeit. Dafür unternimmt er drei unterschiedliche, gleichermassen tiefschürfende Streifzüge. Einmal durch die amerikanische industrielle Lebensmittelproduktion, einmal auf den nachhaltig geführten Bauernhof, und schliesslich durch den Wald. Da er ein kluger, geistreicher und neugieriger Mann ist, wächst sein Bericht darüber zu einem reichen Schatzkistchen an Informationen und Hintergrundwissen an. Nicht nur zu den einigermassen unappetitlichen Produktionsschritten der Fast-Food-Schöpfungen aus dem Labor, von denen wir schon andernorts erfahren haben, wenn auch noch selten so ausführlich: Vom Saatgut zur Schnellmahlzeit im Verkehrsstau, von der Wiege bis zur Bahre, sozusagen... Sondern auch zu den labyrinthischen Verschlingungen der Begriffsdefinitionen im Bio-Markt sowie der dahinter stehenden Lebensphilosophien. Dieser mittlere Abschnitt des Buches ist der einzige Teil, bei dem wir bedauerten, dass der Report sich auf die amerikanischen Verhältnisse konzentriert. Die ironischen und scharfsichtigen Hilfestellungen des Autors wären wohl auch angesichts der Produktpalette hierzulande manchem verwirrten Nahrungssammler willkommen.

In einer mühevollen Suche nach essbaren Pflanzen und hoffentlich nicht giftigen Pilzen in freier Wildbahn, einer rauschhaften Jagd und beklommenen Zerlegung der Beute, und der nochmals mühevollen Verarbeitung all dieser Bestandteile zu einer Mahlzeit endet das Buch. Doch wo ist sie nun, die Antwort auf das Omnivoren-Dilemma? Das Buch versorgt uns mit keiner vorgefertigten Antwort, keiner Anleitung zum ethisch unbedenklichen Genuss. Es versorgt uns stattdessen mit den Erkenntnissen eines Autors, der ein wenig ausgiebiger, ein wenig geduldiger und, vor allem, ein wenig nachdrücklicher über unsere Ernährung sinniert hat. Und der Leser stellt fest, dass er sich dabei nicht nur informiert, nicht nur bestens unterhalten, sondern zugleich auch noch mit dem eigenen Essverhalten auseinandergesetzt hat. Ohne ideologische Scheuklappen, aber auch ohne die alltäglichen Verdrängungsmechanismen. Er wird sich bei der nächsten Mahlzeit nicht unerschütterlich sicher darüber sein, was er da eigentlich tut. Aber er wird sich gewiss die richtigen Fragen stellen.

Sacha Rufer

 

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