Autor | Susanne Götze / Annika Joeres |
Verlag | Piper |
Umfang | 301 Seiten |
ISBN | 978-3-492-07027-0 |
Preis | Fr. 26.90 (UVP) |
Dass sich in unserer schönen grossen Welt so einige Interessengruppen und politische Kräfte tummeln, denen am Klimaschutz wenig gelegen ist, ist ja soweit bekannt. Uns allen dürften da aus dem Stegreif ein paar Namen einfallen. Doch es sind halt nicht nur einzelne Personen, die den Bemühungen um eine klimatisch verträgliche Zukunft ihr Stöckchen in die Speichen werfen; wir treffen stattdessen auf ein schattiges Dickicht von Lobbygruppen, Think Tanks, Parteien und Institutionen. Uns dieses durchsichtiger zu machen, gelingt den Journalistinnen Susanne Götze und Annika Joeres mit ihrem aufwändig recherchierten Buch.
Um etwas Ordnung ins genannte Dickicht zu bringen, setzen uns die Autorinnen erst einmal den verschiedenen Motivationen der Klimaschmutzlobby gegenüber. Diese unterteilen sie in die drei Gruppen von Klimawandel-Leugnern, Klimaschutz-Bremsern und Populisten – wovon sie im Übrigen die Bremser als die aktuell einflussreichste ausmachen. So sehr dann diese Gruppen in der Verfolgung ihrer Ziele auch wieder zusammenspannen, dient ihre Unterscheidung doch bestens, ihre jeweiligen Argumente zu verorten und ihre vielfachen Verbindungen aufzudröseln. Dieses Vorgehen macht zudem von Beginn weg klar: Hier wird keine sinistre Verschwörung offenbart, sondern ein Konglomerat durchaus unterschiedlicher Interessen erkundet. Vom konservativ kulturkritischen Unbehagen über Profitsicherung bis zur politischen Profilierung machen uns die Autorinnen die Triebkräfte kenntlich, die sich dann in einem einflussreichen Lobbying für (wahlweise) Freiheit, Wohlstand oder Sicherheit, in jedem Fall aber gegen klimaschützerische Bestrebungen niederschlagen.
Mit dem Lobbying ist es nun so eine Sache. Erst mal ist es – als ein Instrument der Interessenvertretung gemeinnütziger Organisationen, Unternehmen oder Berufsverbänden – absolut legitim. Zugleich sitzen dabei zwangsläufig die Finanzstarken am längeren Hebel, und deren Netzwerke sind notorisch undurchsichtig. Dieser Ambivalenz bleiben auch die Autorinnen gewahr, während sie eine Fülle von Kanälen und Methoden aufdecken, mittels derer Energiekonzerne, rechtspopulistische Parteien, Industrien und marktradikale Denkfabriken, aber etwa auch Agrarverbände und Automobilclubs die Gesetzgebung beeinflussen, um einen wirksamen Klimaschutz zu hemmen. Annika Joeres und Susanne Götze haben sich dazu tief in die Kulissen begeben, Gespräche mit Klimaleugnern ebenso wie Klimaschützern in Deutschland, Europa und der Welt geführt, die politische Kommunikation gesichtet, Konferenzen besucht und Karrieren analysiert. Das alles führen sie einerseits zu einem aufschlussreichen Stimmungsbild zusammen: Jenem von Entscheidungsträgern nämlich, die noch voll und ganz in die Ideologien und Denkmuster eines vergangenen Jahrhunderts verstrickt sind. Vor allem aber rücken sie dabei vielerlei Namen, Institutionen und auch politische Prozesse ins Schlaglicht, die diesem sonst entgehen, und schliessen dementsprechend mit dem – indessen durchwegs stichhaltigen – Ruf nach europäischen Lobby-Transparenzregistern.
Der herrschenden Intransparenz ist indessen auch geschuldet, was wir jetzt als Wermutstropfen ins Buch kleckern. Verschiedentlich stiessen Susanne Götze und Annika Joeres mit ihren beflissenen Recherchen an Grenzen. Da sind sie dann auf Vermutungen und Querschlüsse angewiesen, die sich aber ob der Verve, mit der sie uns davon berichten, nicht unbedingt von selbst als solche verraten. Wir ermuntern also, wie immer im solchen Fall, zur kritischen Lesart. Die Bedeutung ihrer Arbeit ist damit nicht geschmälert. Wer sich im politischen Kampf um Klimaschutz orientieren will, sollte ihr Buch gelesen haben: Auch informierten Klimabewegten werden da noch Namen, Geschehnisse und Zusammenhänge begegnen, die der Aufmerksamkeit bislang entgingen. Uns jedenfalls ging es so, und ebenso fanden wir noch selten die Gemengelage an Motiven, Rhetorik und Methoden der Klimaschutz-Gegner so informativ und belangreich aufgeschlüsselt wie hier.
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