Autor | Corine Pelluchon |
Verlag | C.H. Beck |
Umfang | 124 Seiten |
ISBN | 978-3-406-75709-9 |
Preis | Fr. 16.60 (UVP) |
Die Misshandlung von Tieren hat sich in unserer Zeit – trotz aller Bemühungen zur Umkehr – in einem Ausmass verfestigt und systematisiert, die kein Vorbild hat. Daran etwas zu ändern, bedarf nicht allein privater Initiative, sondern zielgerichteter politischer Massnahmen abseits blosser Lippenbekenntnisse. Welcher, und wie diese auf den Weg gebracht werden können, setzt uns Corine Pelluchon in ihrem Manifest auseinander.
In einem zentralen Argument gibt Corine Pelluchon uns schon eingangs zu bedenken, wie die Gewalttätigkeit gegen Tiere nicht nur diese, sondern ebenso uns selbst schädigt. Als Moralphilosophin führt sie hier hauptsächlich die dafür notwendige Beschneidung unseres gesellschaftsrelevanten Mitgefühls und die Entwertung des Lebendigen an; wir könnten das noch um den Schaden an den Ökosystemen aufstocken. Wie sich die systemimmanente Ausbeutung von tierischem Leben aktuell manifestiert, skizziert sie in erschütternder Eindringlichkeit. Diese Bestandsaufnahme im ersten Teil ihres Buches diskutiert sie bereits auch in ihren ethischen Belangen vor dem Hintergrund unserer überlieferten, eingefleischten Weltbilder und Selbsteinschätzungen. An der Dringlichkeit der tierrechtlichen Anliegen lässt sie dabei ebenso wenig Zweifel wie an unserer gesellschaftlichen Befähigung, zu einer gerechteren Koexistenz von Tier und Mensch vorzudringen.
Spezieller um die Methoden der Politisierung der Tierfrage und um konkrete Vorstösse, Tierrechte im gesellschaftlichen Kontext zielgerecht umzusetzen, geht es der Autorin dann im zweiten und dritten Abschnitt ihres Manifests. Sie wendet sich damit an engagierte Tierrechtlerinnen und eine breitere Öffentlichkeit gleichermassen. Beide werden voraussagbar an ihren Ausführungen etwas zu beanstanden finden. Den Tierschützern wird sie sich verschiedentlich zu kulant und kompromissfähig zeigen, wenn sie etwa Ausgleichs-Entschädigungen für Massentierhalter ins Auge fasst oder der Nutzung des Tiers durch den Menschen nicht ausnahmslos entgegentritt. Allen anderen werden möglicherweise ihre Vergleiche mit der Sklavenbefreiung oder ihre gelegentlichen Anthropomorphisierungen der tierischen Gefühlsäusserungen aufstossen. Das liegt hingegen in der Natur der Sache. Es geht Corine Pelluchon, bei aller nicht zu übersehenden Leidenschaft, um realistisch gangbare Wege: Dem letztlichen Ziel einer vom speziesistischen Gedankengut bereinigten Kultur nähert sie sich in Einzelschritten. Ganz in diesem Sinne fokussiert sie in ihren konkreten Vorschlägen auf bereits konsensfähige Forderungen, die es momentan zu bestärken gilt.
Corine Pelluchon setzt also vorderhand auf eine pragmatisch politische Herangehensweise anstatt jener, den Speziesismus in Gesellschaft und menschlichem Selbstverständnis „von der Wurzel her“ ausrotten zu wollen. Wir sind da voll und ganz bei ihr, obwohl sich auch uns die eine oder andere Irritation in den Weg stellte. So halten wir die Gewichtung ihrer Beanstandungen für diskussionswürdig: Der Zoo- oder Zirkushaltung von Tieren schenkt sie, als vergleichsweiser Marginalie, übereinstimmende Aufmerksamkeit mit der industrialisierten Nutztierhaltung. Auch am unmittelbaren Nutzen einer „animalistischen“ Partei, wie sie diese vorschlägt, hegen wir jetzt erst einmal noch Zweifel. Doch damit gehen wir bereits in die Debatte über und bestätigen damit nur, was ihrem Buch mustergültig gelingt: Diese breite Diskussion um die Bedingungen einer neuen, gerechten Koexistenz von Tier und Mensch allgemeinverständlich anzustossen und um viele methodische Anstösse sinnvoll zu bereichern.
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