Autor | Caroline Ring |
Verlag | Berlin (Piper) |
Umfang | 253 Seiten |
ISBN | 978-3-8270-1419-1 |
Preis | Fr. 29.90 (UVP) |
Schaut der urbane Mensch von einer Anhöhe über seine Stadt, so kann es immer mal sein, dass er sich wundert, wie viele Bäume da doch eigentlich rumstehen. Dass wir diese im Alltag so wenig wahrnehmen, liegt einerseits daran, dass sie üblicherweise sehr still stehen. Es liegt aber auch daran, dass wir sie ausblenden: Kaum je sind sie die Zieladresse unserer Wege zwischen den Häusern, und auch als Ortsmarkierung dienen sie weit seltener als etwa Restaurants, Plätze oder Amtsgebäude. Dabei tun sie uns allerlei Gutes, und ihr Fehlen würde uns dann doch schmerzhaft auffallen. Wie genau; das ist nur einer der Belange, denen Caroline Ring in ihrem liebevoll recherchierten Buch zu den Bäumen in unseren Städten genauer nachgeht.
Die Evolutionsbiologin und Wissenschaftsjournalistin besuchte für ihr Buch zwanzig ausgewählte Stadtbäume kreuz und quer durch Deutschland. Das sind dann besonders grosse, besonders alte, besonders geschichtsträchtige oder auch mal echte Raritäten, und immer ranken sich um sie Geschichten, die Caroline Ring uns spannend und informativ aufbereitet. Die Themenvielfalt ist dabei genauso gross wie die Vielgestaltigkeit der porträtierten Bäume. Eine Weisse Maulbeere in Berlin berichtet von den (vergeblichen, aber gleichwohl mehrfachen) Versuchen, die Seidenindustrie in Europa anzusiedeln. Eine Waldkiefer bei Erlangen lehrt aufschlussreiches zum Saftfluss und Wachstum der Bäume und klärt auch gleich, weshalb sie Kiefer heisst. Ein Bergahorn in Bonn gibt Einblick in die Geschichte des Naturschutzes. Und einige Süntelbuchen in Hannover machen den Aberglauben und die Schauererzählungen nachvollziehbar, die sich immer wieder um bestimmte Bäume rankten.
So geht es unterhaltsam fort und fort mit unerfüllter Liebe, Erdgeschichte oder den Sperenzchen der Aristokratie, während Caroline Ring mit den verantwortlichen Förstern, Naturschützern oder Botanikerinnen über ihre Pfleglinge spricht, sich in die Archive vergräbt oder auch gern mal nur dasteht und schaut. Ertrag des letzteren sind dann die sehr anschaulichen Zeichnungen der porträtierten Bäume, die sie jeder Entdeckungsreise voranstellt. Über allem schwebt dabei die Botschaft, wie eng wir, selbst an den vermeintlich am weitesten davon entfernten Orten, mit der Natur in abhängiger Beziehung stehen. Dass wir nach der Lektüre ihrer schönen und oft auch sehr persönlichen Aufsatzsammlung mit mehr Aufmerksamkeit für die uns umgebenden Bäume durch die Strassen ziehen, ist nur das eine. Dass sie damit, ganz unaufdringlich, ein besseres Verständnis und eine grössere Bereitschaft zur Öffnung der Städte für unsere lebendige Mitwelt fördert, ist was uns daran hauptsächlich erfreut.
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