Autor | Robert Moor |
Verlag | Insel |
Umfang | 412 Seiten |
ISBN | 978-3-458-17874-3 |
Preis | Fr. 34.50 (UVP) |
Wege als Orientierungshilfen, Wege als Landschaftsgestalter, Wege als Kommunikationslinien, und nicht zuletzt; Wege als Metaphern. All dem und noch einigem mehr spürt Robert Moor nach, während er auf einer ausschweifenden Entdeckungstour der Frage nachhängt, wie wir uns mittels der Wege, die wir gehen, in unserer Welt zurechtfinden und sie gestalten – und umgekehrt, und wohin überhaupt. Wir folgen ihm über Trampelpfade und Wanderwege, entlang moderner Highways oder Informationsstränge und kreuzen dabei munter die Pfade der Philosophie, der Natur- und Erdgeschichte, der Geografie oder der Anthropologie.
Ankerpunkt bei seinem weitschweifigen Unterfangen ist dem Journalisten und leidenschaftlichen Wanderer Robert Moor der Appalachian Trail im amerikanischen Nordosten. An seinen Ausläufern verlebte er seine Kindheit, ihm folgte er auf seinem ersten Fernwander-Abenteuer, und hier startet er nun sein Buch: Mit einem stimmungsvollen Reisebericht, wie ihm später noch mehrere folgen werden, und bemerkenswerten Begegnungen mit mal mehr, mal minder skurrilen Zeitgenossen, die sich dort abseits der landläufigen Lebensentwürfe herumtreiben. Von dort brechen wir dann aber auch gleich auf zur grösseren Reise. Die führt uns zurück zur ersten Spur, die jemals ein Lebewesen in den Boden grub, hinein in die Rätsel und Mysterien der Wegfindung der Insekten oder der Orientierungsleistung von Elefanten, fernhin bis zur Vernetzung des digitalen Informationsraums. Wir warten mit dem Autor an Wildwechseln, rennen Schafen hinterher, beraten uns darüber, wie die Fertigkeit des Fährtenlesens die Entwicklung des menschlichen Geistes befördert haben könnte oder wie unterschiedliche Sprachen unser Empfinden der eigenen Position im Raum beeinflussen.
Als verlässlicher Pfadfinder lenkt uns Robert Moor zielsicher und bedachtsam über diese – in der Rückschau – oft labyrinthischen Pfade. Seine bemerkenswerteste Leistung ist es wohl, auch all seinen abstrakteren Gedankengängen und Ideenlandschaften stets eine tastbare, anschauliche Form zu geben. Daneben scheinen seine Wandererfahrungen sehr bekömmlich in seinen Schreibstil übergeflossen zu sein. Sanft, rhythmisch fliessen seine Sätze dahin, halten uns dabei um nichts weniger wachsam und erwartungsvoll…
Das alles rührt nun, zugegeben, nicht unmittelbar an unsere üblichen Themenfelder des Natur- und Umweltschutzes – ausser in jenem allgemeinen Sinn, in dem alle Naturerfahrung daran rührt. Das erwarteten wir uns auch nicht von der Lektüre: Wir starteten sie als einen neugierigen, hoffentlich erholsamen Ausflug. Und doch, so stellten wir dann fest, hat Robert Moor auch hierzu vieles beizutragen. Fast durchgängig ranken sich während des Lesens die Einsichten und Gedanken um die übergeordneten Fragen unserer menschlichen Natur in ihrer natürlichen Umwelt: Unsere Verortung im Lebensnetz, unsere Vorstellung von Wildnis oder unsere Mühen, uns darin (neu) zurechtzufinden. Weshalb wir das Buch jetzt - als eine schwer bereichernde, erdende und geistvolle Abschweifung - speziell auch all unseren ökosensitiven und umweltbewegten Leserinnen ans Herz legen dürfen.
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