Buch «Die Welt, von der ich träume»

Buch «Die Welt, von der ich träume»

Dankbarkeit für das vermeintlich Selbstverständliche ist ein rares und wertvolles Gut. Mit ihrem Jugendroman legt es Marie Pavlenko darauf an, sie uns mit Schwung und Nachdruck ins Herz zu prägen.

 Autor Marie Pavlenko
 Verlag Thienemann
 Umfang 172 Seiten
 ISBN 978-3-522-18557-8
 Preis Fr. 19.50 (UVP)

 

Die junge Samaa wäre lieber eine Jägerin, als mit all den anderen Frauen ihres Stammes nur die langweiligen Arbeiten zu verrichten. Dann könnte sie ruhmvoll mit hinausziehen in die von gefährlichen Raubtieren verseuchte Wüste, um die wertvollen Bäume zu finden, zu fällen und heimzubringen, die in der Stadt für all die notwendigen Dinge des Überlebens eingetauscht werden. Da es aber nicht so aussieht, als würde ihr dieser Wunsch je erfüllt werden, nimmt sie die Sache selbst unter die Füsse und folgt dem Baumjäger-Trupp heimlich hinaus ins Ödland. Keine so gute Idee. Die nächsten Tage und Wochen kämpft sie auf sich allein gestellt ums blanke Überleben. Von dieser Tortur kehrt sie dann aber mit einer neuen, ganz unerhörten Einsicht zurück: Dass es von Vorteil wäre, die Bäume nicht zu fällen, sondern sie gar zu pflegen.

Wir können uns grundsätzlich der Meinung anschliessen, dass die postapokalyptischen Szenarien in Kinder- und Jugendbüchern dann bald mal ausgelutscht seien und dereinst mal wieder mit positiven Utopien ergänzt werden dürfen. Doch für diesen Jugendroman der französischen Autorin Marie Pavlenko wollen wir das noch nicht gelten lassen. Nicht, weil er mit einem besonders originellen Szenario daherkäme. Wir treffen da auf viele bekannte Versatzstücke: Eine ganz buchstäblich verwüstete Welt im akuten Wassermangel, mit einer in die eifersüchtige Stammeskultur zurückgeworfenen Gesellschaft, die von den Überresten der vormaligen Zivilisationen zehrt... Schon eher spricht uns an, wie die Autorin ihren Weltentwurf dann verschiedentlich ein gültiges Stück weiter denkt. So ist etwa eines der Güter, das gegen Holz in der Stadt besorgt werden muss: Sauerstoff. Der Atemluft mangelt es daran, und um ein gesundes Kind auf die Welt zu bringen, bedarf die Mutter seiner künstlichen Zufuhr. Ganz sicher aber schwingt sich ihr Roman in unser unbedingtes Wohlwollen, da Marie Pavlenko in ihrer Dystopie nicht effekthascherisch verharrt. Sie bleibt ihr der nur zurückhaltend ausgemalte Hintergrund, um davor ihre emotional höchst glaubwürdige, anrührende, im besten Sinne bildende Geschichte zu erzählen.

Mit Samaa, der Heldin, gehen wir unwillkürlich eine authentische Beziehung ein. Sie ist nicht nur – wie es die Heldinnen in diesen Jugendromanen ja gerne sind – sympathisch eigensinnig und tapfer. Sie ist auch leichtsinnig und hat die Weisheit nicht mit ganz so vollen Löffeln gegessen, wie sie meint. Das gibt ihrem Lernprozess, während sie zu Füssen eines schützenden Baumes der Welt einen weiteren Lebenstag abzuringen versucht, eindringliche Substanz. Wenn wir etwa mit ihr entdecken, dass der Baum tatsächlich ein lebendes Wesen ist, entdecken wir das in voller Bedeutungstiefe; und das verleiht dann allem Folgenden wiederum die gebührende emotionale Wucht.

Auf die Gefahr hin, hier nun schon zu viel zu verraten, wollen wir noch in Aussicht stellen, dass ein Stückchen positiver Utopie dann ja doch noch Einzug hält. Etwas zu abrupt und leichthin vielleicht, aber darauf liegt auch nicht das vorderste Augenmerk der Erzählung. Marie Pavlenko geht es erst einmal darum, uns den Wert der Bäume und stillen Pflanzen, unseren Glücksfall einer wuchernden Natur voll fasslich zu machen. Das gelingt ihr in ebenso spannender und stimulierender Manier wie mit berührendem Nachhall.

 

Rezension: Sacha Rufer


 

 

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