Autor | Bernhard Kegel |
Verlag | DuMont |
Umfang | 381 Seiten |
ISBN | 978-3-8321-8138-3 |
Preis | Fr. 34.80 (UVP) |
Mit fortschreitender Erderwärmung weichen die Tiere und Pflanzen unserer Erde in Richtung der Pole oder in höhere Lagen aus: So die anerkannte – und längst auch beobachtbare – Einschätzung zur Veränderung der Ökosysteme unter dem Klimawandel. Sie ist nichtsdestotrotz eine Vereinfachung, die so einige andere Möglichkeiten lebendiger Organismen, mit Klimaveränderungen umzugehen, unter den Tisch fallen lässt: Etwa den Rückzug in passende Mikroklimata, neue Partnerschaften mit neu in den Lebensraum vorrückenden Pflanzen oder Tieren oder die Fertigkeit zu schnellen verhaltensbiologischen bzw. genetischen Anpassungen an das veränderte Temperaturregime. Da wird dann das Gesamtbild rasch wieder kompliziert. Auftritt Bernhard Kegel, um es uns mittels seines bewährten Talents zur gut verständlichen Sortierung und Erläuterung komplexer Sachverhalte in neue Übersicht zu giessen.
Da wir jetzt gerade noch zurückhaltend von „Veränderungen“ gesprochen haben, lasst uns das noch deutlicher fassen: Es geht ums Artensterben. Um die bestmöglichen Prognosen dazu, in welchem Ausmass der menschengemachte Klimawandel im Wechselspiel mit den diversen anderen menschlichen Tätigkeiten den Biodiversitätsverlust weiterhin anheizen wird, wie seine Folgen weiterwirken und wo unsere besten Chancen liegen, dies aktiv abzumildern. Uns die dahinterstehenden Zusammenhänge - trotz aller notwendigen Fachsprache - stets in gebührender Lebendigkeit vor Augen zu halten ist ein gewichtiges, aber gewiss nicht das einzige Verdienst von Bernhard Kegels Aufarbeitung des vielschichtigen, globalen Geschehens. Indem er uns immer wieder an die Tatorte und an die dort die Spuren sichtenden Forscher heranführt, lockert er seine tiefschürfenden Darstellungen regelmässig unterhaltsam auf. Bei einem wird man den Wissenschaftsjournalisten und Biologen aber auch zu diesen Gelegenheiten nicht erwischen: Dass er die Sachverhalte ungenügend ausdifferenzierte oder gleich über Gebühr abkürzte. Denn um die nuancierte Draufsicht, die uns eine zweckvolle Antwort im vielfach verflochtenen ökologischen System erst erlaubt, geht es ihm ja.
Aus diesem Anliegen ergibt sich eine zwar ungemein dichte, aber dank des Autors geübter Schreibe gleichwohl flüssige und fassliche Lektüre. Eine erste gültige Botschaft lässt sich da schon früh im Buch ausmachen: Dass der Klimawandel und das von beförderte Artensterben keine Drohung an die Zukunft, sondern allzu gegenwärtige Tatsache ist. In Nordamerika oder Australien, in der Arktis oder den Ozeanen, in den Städten und Wäldern Deutschlands oder an den Berghängen der Schweiz werden wir Zeuge schneller Verschiebungen, denen wir erst hinterherhinken. Sie uns auseinanderzusetzen und in ihrem ökologischen Zusammenhang, aber auch vor dem erdgeschichtlichen Horizont zu erläutern und abzumessen, meistert er in bemerkenswerter Durchdringung.
Eine andere, noch belangreichere Botschaft schält sich erst langsamer heraus. In der Frage, wie wir auf die Veränderungen reagieren sollen, kommt er zu einem gewiss schmerzhaften, indessen aber einleuchtenden Urteil. In unseren Bemühungen, uns unsere vertraute Natur zu erhalten und die Ansiedlung von Neophyten und Neozoen zu verhindern, laufen wir Gefahr, die Selbstheilungsmechanismen der Ökosphäre abzuwürgen. Den Klimawandel mit allen Mitteln zu bekämpfen sollte demgemäss unsere höchste Aufgabe sein, die Anpassung an die schon angestossenen Umbrüche in unseren Wäldern, Gewässern und Böden die zweckvolle zweite. Was damit auf uns zukommt, hat er bis dahin bereits breit kenntlich gemacht und uns nicht nur an Covid-19, sondern etwa auch an Beispielen aus Forst- und Landwirtschaft vergegenwärtigt. Sein Buch kann damit in seinem Wert, speziell auch uns Natur- und Umweltschützer auf schwere Entscheidungen der nahen Zukunft vorzubereiten, gar nicht überschätzt werden.
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