Autor | Till Hein |
Verlag | mare |
Umfang | 240 Seiten |
ISBN | 978-3-86648-643-0 |
Preis | Fr. 31.90 (UVP) |
Seepferdchen sind skurrile Fische. Wie skurril, zeigt sich etwa daran, dass der grosse Taxonom Carl von Linné sie damals gar nicht erst als Fische erkannte, sondern sie den Amphibien zuteilte. Dass dieser Irrtum indessen berichtigt ist, hat ihrer Faszination in (Pop-)Kultur, Kunst und Meeresbiologie derweil nichts geraubt. Im Gegenteil wurden mit ihrer genaueren Erforschung nur immer weitere aussergewöhnliche Eigenschaften und Fertigkeiten bestätigt und freigelegt: Manche von ihnen von alters her erahnt, wie etwa die – im Übrigen durchaus echte – Schwangerschaft der Männchen. Viele auch erst jünger identifiziert, wie ihre akustische Kommunikation. Ihnen allen spürt der Wissenschaftsjournalist Till Hein in seinem neuen Tierporträt nach und gesellt dabei zu ihrem ästhetischen Zauber noch den informativen.
Till Hein ist ein Autor, der einem gleichsam in Abwesenheit sympathisch wird. Stets übt er Zurückhaltung, während er seine sachkundigen Gegenüber plaudern und erklären lässt. So wie eingangs etwa eine Bremer Tierhändlerin mit ihrer grossen Leidenschaft für die freischwebenden Meeresstuten und –hengste, die sie auch sogleich zielsicher auf uns überträgt, gefolgt von einer wachsenden Reihe ausgewählter Experten, Meeresbiologinnen, Neurowissenschaftlerinnen oder Ingenieuren. Er bleibt uns dabei nicht weniger spürbar – in seiner bedachtsamen und humorvollen Schreibe zum einen, vor allem aber in seiner zärtlichen Begeisterung für die Seepferdchen, die er so facettenreich zelebriert. Leise öffnet er Türen von einem Themenbereich zum andern, von der Ichthyologie zur Kulturhistorie, von der Evolutionsgeschichte zur Aquaristik, und verschiedentlich auch zu nur fernhin verbundenen Motiven wie Raumfahrttechnologie oder Feminismus. Da mag es dann mal kurz so anmuten, als würde er in seiner Themenwahl von willkürlichen Strömen abgetrieben. Doch stets führt er sie dann am lockeren Zügel wieder zurück und hat dabei, ganz unvermutet, noch ein faszinierendes Kleinod von Klugheit und Belang aus den Tiefen gehievt.
Derweil: Kaum noch ein fesselndes und ergötzliches Porträt einer Tierart, das dann nicht irgendwo von der dräuenden Wolke ihrer Gefährdung überschattet würde. Die Seepferdchen machen da keine Ausnahme. Die mögen zwar mit ihrem Knochenpanzer weniger fragil sein, als sie erscheinen, doch vor dem menschlichen Zugriff sind sie dadurch keineswegs geschützt. Ihre medizinischen Vorzüge, wie sie etwa die Traditionelle Chinesische Medizin (TCM) zu nutzen meint, werden ihnen da in kleinerem, wenn auch gar nicht unwesentlichem Mass zum Verhängnis. Vor allem aber sind es die Schleppnetz-Fischerei und die Verarmung ihrer maritimen Lebensräume, die bereits zahlreiche ihrer Arten auf die Liste der gefährdeten Arten brachten. Im Gegenzug sollen nun gerade ihre Faszination und Attraktivität helfen, nicht nur sich selbst, sondern überhaupt die ozeanische Lebensgemeinschaft zu retten. Till Hein trägt in seiner Feier und Erneuerung ihres Zaubers ganz trefflich dazu bei, dass ihnen das möglichst gelinge.
Kommentare (0) anzeigenausblenden