Autor | Tim Jackson |
Verlag | oekom |
Umfang | 303 Seiten |
ISBN | 978-3-96238-292-6 |
Preis | Fr. 31.90 (UVP) |
Viele Jahre ist es her, da schrieb der britische Naturwissenschaftler, Dramatiker und Professor für nachhaltige Entwicklung Tim Jackson seinen preisgekrönten Longseller „Wohlstand ohne Wachstum“. Der entwickelte sich schleunigst zum Standardwerk der Postwachstums-Ökonomie – und blieb es dann auch, nicht zuletzt dank sorgfältiger Aktualisierung. Um nun sein neues Werk gebührend zu würdigen, raten wir die Lektüre des Vorgängers zwar herzlich an. Eine Voraussetzung ist das indessen nicht.
Während Jackson in „Wohlstand ohne Wachstum“ die Möglichkeiten eines Ausbruchs aus der kapitalistischen Wachstumsdogmatik vorwiegend aus der gegenwärtigen Perspektive analysierte, wählt er für dieses Buch einen anderen Ansatz. Zum einen den historischen: In breiter Front belegt er uns, wie die scheinbar so beherrschende, „natürliche“ Konkurrenz- und Wachstumslogik durchaus auch in den ökonomischen Wissenschaften stets scharfsinnige Gegenstimmen fand. Zum andern einen kulturellen: Indem er vorführt, wie diese Logik vor allem einem zwar mächtigen, aber brüchigen Narrativ - einem Mythos - entspringt. Dagegen stellt er die grundlegende Frage aus dem Titel. Wie wollen wir leben? Dass sich diesbezüglich gültige Alternativen zu den konsumistischen Bestrebungen und Zielsetzungen unserer momentanen Wert- und Wirtschaftsordnung problemlos finden lassen, illustriert er an mannigfaltigen Beispielen und den Ideen illustrer Vordenker. Bobby Kennedy und John Maynard Keynes kommen da ebenso zu Wort wie Wangari Muta Maathai. An Lynn Margulis biologischen Erkenntnissen macht er einsichtig, wie sich Leben keineswegs nur auf Kampf und Egoismus, sondern vorherrschend auf Kooperationen baut. Und an Hannah Arendts Werk kontrastiert er denkwürdig das Prinzip der Arbeit mit dem Prinzip des Schaffens.
In spannender, leichtverständlicher Erzählung führt Tim Jackson all diese historischen, philosophischen, sozialen und künstlerischen Ansätze der Postwachstums-Wirtschaft zu einem ermutigenden, nachhaltigen Wertekanon zusammen. Manchmal klingt er dabei zwar so, als wäre die kapitalistische Wirtschaftsordnung bereits unwiderruflich erledigt und die Aufgabe nun nur noch die Gestaltung einer neuen. Das weckt Hoffnung, aber wir sind uns da längst nicht so sicher. Der Kapitalismus wurde schon wiederholt totgesagt, doch welche Sturzfluten auch über ihn niedergingen, schaukelte er danach, mit nur einigen Umbauten, doch wieder fröhlich auf den Wellen: Samt all seiner Potentiale zum Raubbau an Natur und Gesellschaft. Da raten wir deshalb, bei aller eloquenten Überzeugungskraft des Autors, noch zur Vorsicht. Der Inspirationskraft seiner lehrreichen Denkschrift dazu, was unserem Leben und Wirken tatsächlichen Wert anfügt, tut diese keinen Abbruch.
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