Buch «Es geht nicht um die Fledermaus»

Pandemien, Umweltzerstörung und warum wir den Umgang mit der Natur neu bestimmen müssen

In breiter, anschaulicher Analyse zeigt Adam Cruise uns auf, wie Artensterben und Umweltzerstörung auf uns zurückwirken. Er skizziert überzeugend und engagiert, weshalb (und wie) wir unser Naturverständnis den gegenwärtigen Herausforderungen anpassen müssen.

 Autor Adam Cruise
 Verlag NZZ Libro
 Umfang 199 Seiten
 ISBN 978-3-907291-74-0
 Preis Fr. 34.-- (UVP)

 

Dass es in dem Buch des südafrikanischen Umweltjournalisten Adam Cruise um die aktuelle Corona-Pandemie gehen könnte, ist aus seinem Titel, ganz bestimmt aber aus seinem Untertitel bereits ablesbar. Das ist dann allerdings erst ein kleiner Teil dessen, worum es sich dreht. Die Entstehung immer neuer Zoonosen – also von Wildtieren auf den Menschen überspringender Krankheiten – ist dem promovierten Philosophen Anlass zu einer umfassenden Analyse und Kritik unseres Umgangs mit Natur.

Seine langjährige Berichterstattung zu den Gründen und Mechanismen des Niedergangs der afrikanischen Megafauna bietet Adam Cruise einen nahbaren Ausgangspunkt, um tief in die Problemstellungen unseres menschlichen Natur- und Selbstverständnisses vorzudringen. Erst einmal versorgt er uns mit einem einzigartig intimen Einblick in die komplexen Wechselwirkungen der praktischen Artenschutzmassnahmen in ihrem ökologischen, politischen und wirtschaftlichen Umfeld - hauptsächlich in Afrika, aber auch darüber hinaus. Da zeigt er uns dann etwa auf, wie die Versuche, Trophäenjagd oder Elfenbeinhandel legalen Regulierungen zu unterwerfen, entgegen ihrer Intention verschiedentlich wieder den illegalen Handel und die Wilderei begünstigten. In seiner konzentrierten Durchdringung der ökonomischen und realpolitischen Vernetzungen zeigt er eindrücklich auf, wie das Problem aus tieferen Quellen herrührt: Aus unserem anthropozentrischen Naturverständnis, das letztlich auch den Artenschutz wieder in den Rahmen einer Kosten-Nutzen-Rechnung spannt und uns ganz insgesamt hindert, unser menschliches Dasein in seiner Abhängigkeit von allen nichtmenschlichen Lebensformen zu begreifen. In der Erforschung dieses Weltbilds verstrickt er sich nirgends im theoretischen. Aus seiner direkten Anschauung liefert er Beispiele und Fakten, die uns die Auswirkungen der elitär menschenbezogenen Ideologie ganz handgreiflich fassbar machen.

Trotz so mancher auflockernden Erinnerung und Anekdote, die Adam Cruise in seine Erörterungen einflicht, bleibt die Lektüre eine fordernde. Das darf gern so sein: Auch der Autor hat es sich nicht leichtgemacht. Er kombiniert Themenkomplexe der Umweltethik und der globalisierten Konsumwirtschaft, des Artensterbens und der politischen Zeitgeschichte zu einem imposanten Sittenbild der Ausbeutung unserer Lebensgrundlagen. Stets bemüht um Präzision und Reflektion, gerät ihm das nirgends zur wohlfeilen Kulturkritik, sondern zu einer engagierten Erforschung der Ideen und Strukturen, die uns auf dem Weg zur Nachhaltigkeit immer wieder ins Stolpern bringen. Diese Ernsthaftigkeit überträgt sich nahtlos auf seine Lösungsvorschläge. Auch hier lässt er weder die Politik noch uns selbst mit simplen, pfannenfertigen Antworten davonkommen: Der Fleischverzicht dürfte noch die am wenigsten kontroverse Verhaltensanpassung sein, die er begründet und befürwortet. Er fordert ein grundsätzliches Umdenken in Landwirtschaft und Gesetzgebung, Lifestyle und menschlichem Raumanspruch, und dementsprechend präsentiert sich sein Buch als ein kraftvoller Aufruf zur ungeschönten Auseinandersetzung mit der komplexen ökologischen Wirklichkeit. Das benötigte Sachwissen und den überzeugenden Anstoss dazu gibt es uns gleich mit.

 

Rezension: Sacha Rufer


 

 

Kommentar schreiben

Die Kommentare werden vor dem Aufschalten von unseren Administratoren geprüft. Es kann deshalb zu Verzögerungen kommen. Die Aufschaltung kann nach nachstehenden Kriterien auch verweigert werden:

Ehrverletzung/Beleidigung: Um einen angenehmen, sachlichen und fairen Umgang miteinander zu gewährleisten, publizieren wir keine Beiträge, die sich im Ton vergreifen. Dazu gehören die Verwendung von polemischen und beleidigenden Ausdrücken ebenso wie persönliche Angriffe auf andere Diskussionsteilnehmer.

Rassismus/Sexismus: Es ist nicht erlaubt, Inhalte zu verbreiten, die unter die Schweizerische Rassismusstrafnorm fallen und Personen aufgrund ihrer Rasse, Ethnie, Kultur oder Geschlecht herabsetzen oder zu Hass aufrufen. Diskriminierende Äusserungen werden nicht publiziert.
Verleumdung: Wir dulden keine Verleumdungen gegen einzelne Personen oder Unternehmen.

Vulgarität: Wir publizieren keine Kommentare, die Fluchwörter enthalten oder vulgär sind.

Werbung: Eigenwerbung, Reklame für kommerzielle Produkte oder politische Propaganda haben keinen Platz in Onlinekommentaren.

Logo von umweltnetz-schweiz

umweltnetz-schweiz.ch

Forum für umweltbewusste Menschen

Informationen aus den Bereichen Umwelt, Natur, Ökologie, Energie, Gesundheit und Nachhaltigkeit.

Das wirkungsvolle Umweltportal.

Redaktion

Stiftung Umweltinformation Schweiz
Eichwaldstrasse 35
6005 Luzern
Telefon 041 240 57 57
E-Mail redaktion@umweltnetz-schweiz.ch

Social Media

×

Newsletter Anmeldung

Bleiben Sie auf dem neusten Stand und melden Sie sich bei unserem Newsletter an.