Buch «Mobilität im Alltag in der Schweiz seit dem 19. Jahrhundert»

Unterwegs sein können, wollen und müssen

In seinem neuen Buch unterzieht der Professor für Nachhaltige Mobilität Ueli Haefeli das Schweizer Verkehrsgeschehen der letzten anderthalb Jahrhunderte einer detaillierten Analyse. Dabei setzt er fundierte Impulse zur Entwicklung einer umweltfreundlichen Mobilität.

 Autor Ueli Haefeli
 Verlag Chronos
 Umfang 221 Seiten
 ISBN 978-3-0340-1672-8
 Preis Fr. 48.-- (UVP)

 

Das Thema Mobilität ist komplex und im wahrsten Sinn des Wortes weitläufig. Um eine lesbare Lektüre auf 221 Seiten anzubieten, bleibt eine Auswahl der Themen unumgänglich. Dr. Ueli Haefeli, Historiker und Titularprofessor für Nachhaltige Mobilität an der Universität Bern, beschränkt sich in seinem Werk auf die räumliche Mobilität, insbesondere die Alltagsmobilität in der Schweiz in den letzten 150 Jahren. Er verzichtet aber auch da auf Vollständigkeit. Seine Erforschungen befassen sich nicht nur mit der Verkehrsinfrastruktur und den Angeboten, sondern fokussieren auch die Bedürfnisse der Nachfrageseite – der Nutzerinnen und Nutzer. In seinem Buch hinterfragt er die These, dass die Menschen im Laufe der Moderne immer mobiler geworden seien. Als theoretischer Bezugspunkt dient eine modellhafte Vorstellung von individuellem Handeln, die davon ausgeht, dass ein enger Zusammenhang zwischen externen und individuellen Faktoren besteht und sich gegenseitig bedingen.

Der erste Teil beleuchtet die externen Faktoren – wie den Bau und Unterhalt von Verkehrswegen und rechtliche Belange. Die Verflechtungen der Kompetenzverteilung von Bund, Kantone und Gemeinden werden beschrieben und zeigen auf, dass politische Entscheide wie beispielsweise die Einführung der Niederlassungsfreiheit mit der ersten Bundesverfassung von 1848 oder die Aufhebung von Durchgangsgebühren ab 1929 einen Schub für die Mobilität bewirkten. Grossen Einfluss übte auch der Bahnbau aus; nicht nur auf die Mobilität, sondern auch auf die Landwirtschaft und die Besiedlung des Landes.

Der zweite Teil befasst sich mit den Bedürfnissen der Bevölkerung und damit, wie die Mobilitätsangebote genutzt wurden. Dabei spielen individuelle wie auch gesellschaftliche Faktoren eine Rolle. Anfangs konnte es sich nicht jeder leisten, das schon bald reichhaltige Angebot auch zu nutzen. So blieb bis weit ins 20. Jahrhundert der Fussmarsch prägend. Der gesellschaftliche Wandel, insbesondere der steigende Wohlstand, gebar immer mehr Bedürfnisse. Alltägliche, auferlegte Ortsveränderungen für Schule und Arbeit blieben, dazu kamen das Streben nach Status mit dem “richtigen“ Automobil und der Freizeitverkehr.

Das Zusammenwirken der beiden Ebenen wird im dritten Teil behandelt. Zentrale Themen wie der Weg zur Arbeit oder die Freizeitmobilität werden aus der Langfristperspektive unter die Lupe genommen. Ein Wiedererkennungseffekt blitzt beim Hinweis auf, dass wegen des I. Weltkriegs ausländische Touristen wegblieben und die Bahn die Schweizer Bevölkerung zu Zugreisen ermunterte. Spannend sind auch die Aussagen zu den Geschlechtern. Mobilität war lange Männersache und ist es heute da und dort noch immer.

Der Autor stellt in seiner abschliessenden Beurteilung des Verkehrsgeschehens fest, dass maximiert statt optimiert wird und Sachzwänge eine gesellschaftlich wünschbare Mobilität verhindern. Das Buch macht deutlich, wie stark die räumliche Mobilität viele Bereiche wie Gesellschaft, Raumplanung und Wirtschaft beeinflusst und umgekehrt. Das Buch lässt sich durchaus auch als Panoptikum über die gesellschaftliche Entwicklung der Schweiz der letzten 150 Jahre lesen.

 

Rezension: Christina Imobersteg


 

 

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