Autor | Meritxell Martí / Xavier Salomó (Ill.) |
Verlag | Jacoby & Stuart |
Umfang | 104 Seiten |
ISBN | 978-3-96428-142-5 |
Preis | Fr. 37.70 (UVP) |
Das Meer ist unbelebt und leer, ausser den Hinterlassenschaften der Menschen. Die bedecken den Meeresgrund und schwimmen an der Oberfläche als riesige Müllinseln. Eine dieser Inseln heisst Sunakay. So benannten sie zumindest die Händler nach den zwei Schwestern Kay und Sunan, die dort leben und nach Abfällen tauchen, die sich vielleicht verscherbeln lassen. Einer dieser Händler hat eines Tages ein ganz besonderes Kleinod dabei. Dem kleinen gelben Fisch im Glas kann die junge Kay dann auch nicht widerstehen; der „letzte Fisch dieses Meeres“, wie der Händler ihn anpreist, weckt in ihr die Erinnerung an ein Paradies, das sie noch nie sah. Statt also Vorräte einzutauschen, nimmt sie ihn mit nach Hause.
Damit legt das prächtige Bilderbuch erst den Grundstein für ein Geschehen, das dann mit mindestens zwei unerwarteten Wendungen aufwartet – einer wundersamen und einer herzzerreissenden. Die Entscheidung, einen kleinen gelben Fisch zu hüten, verändert die Welt der zwei Schwestern für immer. Meritxell Martí erzählt uns ihre Geschichte schnörkellos und ruhig, wobei dieser Eindruck der Geradlinigkeit über die Dichte der Ereignisse gewandt hinwegtäuscht. Er ist das Ergebnis der erprobten, langjährigen Zusammenarbeit der Autorin und ihres Illustrators Xavier Salomó, deren Ausdrucksmittel sich mustergültig ergänzen. Ebenso zeigt sich das dystopische Szenario ihres erzählenden Bilderbuchs auf den ersten Blick zwar augenfällig. Es wird dann aber von fantastischen Elementen feinfühlig aufgewogen, und insgesamt entfaltet sich vor seinem Hintergrund eine so berührende und empfindsame Erzählung, dass daraus neben milder Schwermut im gleichen Mass Heiterkeit, Bezauberung und Zuversicht erwachsen. Diese emotionale Treffsicherheit ist speziell auch das Verdienst des Zeichners. Seine grossflächigen Bilder fokussieren auf das Wesentliche, die Farbgebung erzeugt eindrucksvolle Stimmung, während die vermeintliche Einfachheit seiner Komposition gekonnt herunterspielt, wie präzise er ihr die gewünschte Regung entlockt.
Die Geschichte selbst gibt verschiedentlich Raum zur Interpretation. Da trifft dann nicht jede mögliche Auslegung punktgenau die Botschaft, die wir im Sinne einer Sensibilisierung für Meeres- und Naturschutz selbst hineingesetzt hätten. Doch damit beziehen wir uns einzig auf eine mögliche Lesart, die dann auch nichts daran ändert, wie das Bilderbuch die Wertschätzung unserer lebendigen, vielfältigen Natur weckt und bestärkt. Dass es Interpretationsspielraum überhaupt zulässt, ist ganz allgemein ein Gütesiegel. Meritxell Martí und Xavier Salomó nehmen ihr Publikum ernst und gestehen ihm eigene Schlüsse zu: Ein Respekt, der dem angestrebten Erwachen der Naturliebe nur förderlich sein kann.
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