Autor | Linda Surber |
Verlag | Eigenverlag |
Umfang | 192 Seiten |
ISBN | 978-3-9525606-0-0 |
Preis | Fr. 50.-- (UVP) |
„Über die Chancen einer wilden Schweiz“ wagen wir schon einmal zu sagen, dass sie so ganz wild wohl nicht mehr werden wird. Das ist dann allerdings auch nicht der Anspruch, den Linda Surber und ihre zwölf Interview-Partnerinnen hegen: Ein gutes Stück wilder hätten sie sie allerdings schon gerne. Was dem im Weg steht, was durch mehr Wildnis hierzulande und anderswo zu gewinnen wäre und wie sich solche „Wildnis“ überhaupt genauer fassen lässt; darüber unterhalten sie sich in angeregten Gesprächen. Begleitet werden diese von bestrickenden fotografischen Impressionen der wilden Schweiz im Grossen und im Kleinen. Es entsteht ein Lese- und Bildband, der kundige und reflektierte Informationen ebenso bereithält, wie er zum teilnehmenden Mitdenken und zum Geniessen einlädt.
Weshalb sich Linda Surber entschloss, ihr Buch im Eigenverlag herauszubringen, wird sofort klar, wenn man es in Händen hält. Es gab ihr eine Freiheit in seiner Gestaltung, die unter den Vorgaben eines Verlags-Brandings kaum möglich gewesen wäre. Solche Freiheit muss sich zwar längst nicht in jedem Fall positiv niederschlagen: In diesem Fall tut sie es, indem sie unserem Auge Raum zum träumenden Verweilen schenkt. Die stimmungsvollen Fotografien der Autorin und Fotografin wissen den ihnen grosszügig zugemessenen Raum anregend zu nutzen, und auch die Frage-und-Antwort-Spiele der Interviews gewinnen in ihrer Gestaltung noch einmal zusätzlich an Lebendigkeit - und unterstützen unsere Bereitschaft, ihnen regsam zu folgen. Das ist – wenn auch nicht von Nöten – unbedingt dienlich, denn die befragten Geologinnen, Aktivisten, Naturschützerinnen oder Survival Guides haben zu unserer Wahrnehmung von Wildnis, speziell aber auch zu unserem Umgang mit ihr viel Substanzielles mitzuteilen.
Aus dem einheitlichen Fragenkanon, den Linda Surber ihren Interviews hinterlegt, bricht sie demnach auch immer sofort aus, wo sich das Detailwissen ihrer Gesprächspartnerinnen einer tieferen Erforschung anbietet. Sie findet dann aber ebenso rasch und bruchlos wieder zu ihm zurück. Das erlaubt uns zweierlei: Zum einen, uns den allgemeineren Wahrnehmungen und Wertzuschreibungen von Wildnis aus unterschiedlichen Perspektiven zu nähern und unserem persönlichen Erleben den Horizont zu erweitern, wo sich die Fragen – etwa zur Ästhetik, zur Gefährlichkeit oder zur Zukunft der Wildnis in unserem Land – wiederholen. Zum andern, uns zu ihren diversen Teilaspekten aus erster Hand zu informieren. Von der Nacherzählung der Entwicklungen im Naturerlebnispark Sihlwald zu den Interessenskonflikten zwischen Kulturland und Wildnis, den Verdiensten der Biodiversität oder den gesundheitlichen Wirkungen des Erlebnisses unbehelligter Natur findet sich da umfangreiches Wissen, das sich uns in dieser knappen Form sonst nur selten anbietet.
Während stets klar ist, dass sowohl die Autorin wie auch ihre verschiedenen Gesprächspartner der Wildnis einen besonderen, vernachlässigten Wert zusprechen und das Buch dem Erhalt wilder Natur in der Schweiz eine Lanze brechen soll: Sie nähern sich ihr darüber nicht unkritisch. So dient sich der liebevoll gestaltete Band denn auch keiner platten Propaganda zur Wildnisförderung an, sondern ermutigt und begeistert zur echten, vertieften Auseinandersetzung mit unseren Vorstellungen, Wertzuschreibungen und Erfahrungen der sich frei entfaltenden, lebensprallen Natur. Wo sich diese als allzu unwegsam präsentiert, schlägt uns Linda Surber einen schmalen, achtsamen Pfad.
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