Autor | Jonas Schaible |
Verlag | DVA |
Umfang | 304 Seiten |
ISBN | 978-3-421-07014-2 |
Preis | Fr. 30.50 (UVP) |
Es ist so alt wie die Klimabewegung: Die Einen drängen auf raschen, radikaleren Klimaschutz, auch mit den Mitteln von Verboten und Verzicht. Die Anderen malen in düsteren Farben die heraufdämmernde Ökodiktatur an die Wand. Neuer ist, wie Streiter an der Klimafront mit dieser Ökodiktatur offen liebäugeln, da ihnen die Demokratie für einen entschlossenen Klimaschutz zu träge und zu zahnlos erscheint. Warum diese Flucht in die Autokratie dennoch ein Irrweg wäre, macht uns Jonas Schaible in seinem Buch einsichtig. Der Politikwissenschaftler und Journalist zeigt nicht nur auf, dass Klimarettung und Demokratie zusammengehen, sondern sich sogar gegenseitig bedingen; sofern wir bereit sind, unsere Ideen von Demokratie und Freiheit anzupassen und zu erweitern.
Doch so weit sind wir noch nicht. Erst einmal macht uns Jonas Schaible im Hinblick auf die vielfältigen Auswirkungen des Klimawandels deutlich, weshalb dieser eine tatsächliche Zeitenwende in der Geschichte unserer Zivilisationen darstellt, warum er im Eigeninteresse möglichst rasch bekämpft werden muss, und warum dies im Schwerpunkt eine politische Aufgabe darstellt. In gründlicher Faktenkunde – und ebenso gründlicher Differenzierung derselben – untersucht er die autoritären und demokratischen Strukturen auf ihre Eignung, der Klimakrise dienlich zu begegnen. Dass dabei die Demokratien besser abschneiden, ist keiner ideologischen Verzerrung zu Gunsten persönlicher Freiheiten geschuldet - wenngleich er sich zu diesen unverhüllt bekennt. Er kann es in vielerlei Zusammenhang nachweisen, nicht zuletzt in jenem vergleichsweise simplen, dass die Demokratien verstärkt die Möglichkeiten haben, angesichts verbleibender Unwägbarkeiten des Klimageschehens zu kontinuierlichen Kurskorrekturen zu greifen.
Ist also alles gut, und wir sind auf dem richtigen Weg? Ganz so einfach ist es dann doch nicht. „Es kann nicht bleiben, wie es ist, weil es nicht so bleiben wird, wie es ist“ schreibt Jonas Schaible. Er entblösst die Schwächen und Mängel unserer Demokratien in der Wende hin zu einer nachhaltigen Zukunft und entwirft, darauf aufbauend, das Konzept der wehrhaften Klimademokratie. Er erforscht, wo Reformen dringend nötig und möglich sind, und erarbeitet Lösungsvorschläge auf den verschiedenen politischen Ebenen: Von Bürgerräten über die Ausweitung des Wahlrechts bis zum Rechtsstatus der Natur oder Anpassungen der nationalen Verfassungen. Keine dieser Systemveränderungen verkauft er uns als Allheilmittel, sondern als kritisch zu beobachtende Teilstücke einer zusammenwirkenden Veränderung – zu messen an ihrem Beitrag zur Treibhausgas-Einsparung.
Den Einen werden, voraussagbar, Jonas Schaibles Lösungsansätze nicht weit genug gehen, den Anderen viel zu weit. Trotzdem fällt es uns nicht ein, sie als „pragmatische“, versöhnlich konsensorientierte zu kennzeichnen. Sein Buch ist ein kluger und starker Aufruf zu einem durchgreifenden Klimaschutz, orientiert am politisch knapp noch machbaren, und erhält allein dadurch schon unsere unbedingte Empfehlung. Es leistet indes noch mehr. Es ermöglicht ein reflektiertes, aufgeklärtes Nachdenken über die Demokratie: Nicht als einem verknöcherten Apparat, als der sie vielfach wahrgenommen wird, sondern als einem gemeinschaftlichen, vitalen Prozess. Diese Geisteshaltung, so meinen wir, liegt an der Wurzel aller Veränderung und Neuorientierung, die zur Bewältigung des Klimawandels notwendig ist.
Kommentare (0) anzeigenausblenden